Meine fünf besten Videospiel-Begegnungen 2016

Mich persönlich hat das vergangene Jahr 2016 in spielerischer Hinsicht mehr als befriedigt. Ich konnte viele Kracher wie Bloodborne (nein, ich hab dieses Oaschloch von einem fantastischen Spiel nicht durchgespielt!), Diablo 3 (im Coop auf der Couch durchgezockt!) oder die Uncharted Trilogie nachholen, ich habe herausgefunden, dass ich dank Steam selbst auf meinem Macbook relativ viel zocken kann und ich habe mich auch durch viele großartige neue Spiele gekämpft. Es folgen nicht meine fünf Lieblingsspiele aus dem Jahre 2016, sondern fünf Spiele, deren Charaktere mich am meisten beeindruckt haben. Weil sie liebevoll, verrückt und kreativ sind, weil mich ihre Geschichten und Schicksale berührt haben oder weil ich auf irgendeine Weise eine persönliche Bindung zu ihnen aufgebaut habe.

5. Gravity Rush – Remastered: Kat und ihre absurde Welt 

Der Cellshader Gravity Rush lebt von seiner absurden Welt. Das Spiel präsentiert uns eine Stadt, die um einen endlos riesigen Baum gebaut ist, Schulkinder, die mit ihrem Schulbus abgestürzt sind und nach bester Lord of the Flies Manier eine Kinder-Gesellschaft gegründet haben, ein Mädchen, dessen Haustier eine gefährliche Monsterspinne ist oder einen verrückten Gott-ähnlichen alten Mann. Auch die Hauptdarstellerin Kat und ihre Galaxie-Katze sind verrückt genug, um in dieser Liste genannt zu werden. Der wahre Höhepunkt sind aber die Monstren, die uns in der Welt von Gravity Rush in viel zu großer Stückzahl entgegengeschleudert werden. Denn auch wenn das Kämpfen aufgrund der monotonen Kampfmechanik und der endlosen Gegnerzahl kaum Spaß macht, so sind die Gegner selbst doch äußerst außergewöhnlich. Selten kämpfte man im Spiel gegen so fremdartige Geschöpfe, die sich am ehesten als Kreuzung zwischen Insekten und Sextoys klassifizieren lassen und sich teilweise auch genau so verhalten. Darwin wäre in der Welt von Gravity Rush verzweifelt. Gravity Rush erfüllt jedenfalls auch auf der PS4 nahezu jedes Klischee, das man einem japanischen Spiel nachsagen kann.

Was zur Hölle bist du?

 

4. Xcom 2: Warum? Sie konnten doch nichts dafür …

Xcom 2, durch das ich mich für die Uschi auf der PS4 gekämpft habe, steht in dieser Liste stellvertretend für viele Spiele mit Charaktereditor und Character-Customization. Ich könnte hier auch Bloodborne oder Dragon Age 3 nennen, doch sind beide Spiele ein bisschen zu alt für diese Liste. Ich mag es und es bindet mich persönlich enger an ein Spiel, wenn ich meine spielbaren Mäxchen und -Innen selbst gestalten darf. Genau das erlaubt mir Xcom 2 in einem – für ein Strategiespiel – hohen Detailgrad. Xcom 2 gestattet es mir, auf mein mächtiges, alien-zerfetzendes Snipergewehr rosa Herzchen zu machen. Es geht nicht darum, ob das dumm oder lustig ist, es geht darum, dass mir das Spiel diese Art von detaillierter Anpassung erlaubt. Dazu kommt, dass Xcom 2 ziemlich schwer ist und meine Charaktere an Perma-Death leiden. Verrecken sie, war’s das. Der Tod ist in Xcom 2 nicht Teil der Storydramaturgie. Der Tod gibt Feedback über den eigenen Spielstil und der Tod ist Bestrafung für eben jenen. Deshalb haben Tode in Spielen selten so sehr geschmerzt wie in diesem Kampf um die Zukunft der Erde. Xcom 2 war für mich persönlich eine der intensivsten Spielerfahrung im letzten Jahr und ich habe kaum mit Figuren so mitgefiebert wie hier. Dafür gibt es von mir, für meine ganze Xcom-Posse, einen herzlichen vierten Platz.

#Pinkifizierung: Rosa macht einfühlsam, besänftigt und drückt Fürsorglichkeit aus. Vor allem auf Scharfschützengewehren.

 

3. MGS V: Snake, seine Freunde und Feinde

Hideo Kojima hat mit dem Metal Gear Universum ein paar der kultigsten, coolsten, tragischsten und dramatischsten Charaktere geschaffen, die es in der virtuellen Unterhaltung gibt. Auch Snake aus Metal Gear Solid 5 gehört dazu, vor allem wenn man das Spiel tatsächlich bis zum Ende (und damit über den öden zweiten Akt hinweg) durchstehen sollte und im besten Kojima-Stil durch die vierte Wand eine schallende Ohrfeige bekommt. Kojima zwingt uns in MGS V aber keinesfalls in die vernarbte Haut von Snake zu schlüpfen. Wir können ihn tatsächlich zuhause lassen und mit fast jeder oder jedem ins Feld ziehen, die oder den wir vom Schlachtfeld evakuiert haben. So können wir MGS V beispielsweise auch mit einer voll angekleideten, taffen Elite-Soldatin durchzocken – nur um die viel kritisierte Bikini-Quiet zu relativieren. Apropos Quiet und alle anderen kleinen Helferlein wie der Hund oder das Pferd: Sie erfüllen ihre Aufgaben äußerst genau und sind eine große Unterstützung am Schlachtfeld. Aber nicht nur auf Seite der ‚Guten’ (auf unserer Seite) gibt es spannende und interessante Figuren: Auch ‚die Bösen’ bieten tragische, gefährliche und unheimliche Charaktere. Während der Oberbösewicht Skullface etwas stumpf und klischeehaft auftritt, sind mir vor allem ein Kindersoldatenanführer und die fiesen Skulls in Erinnerung geblieben. Es hat mich immer in leichte Panik versetzt, wenn es plötzlich nebelig wurde und ich dadurch wusste, dass ich jetzt den Skulls, einer starken Spezialeinheit, mit denen übrigens Quiet entfernt verwandt ist, gegenüberstehe. Der gesamte Cast aus Metal Gear Solid 5 aus dem Jahre 2015 landet bei mir auf Platz 3 der spannendsten und interessantesten Charaktere, denen ich 2016 begegnet bin.

Die Skulls – that’s not even their final form!

 

2. Watch Dogs 2: Only Marcus

Watch Dogs war ein eigentlich gelungenes Open World Spiel, welches mit Performance-Problemen und Abwechslungsarmut zu kämpfen hatte. Ubisoft hat aus der Kritik gelernt und mit Watch Dogs 2 den Cyberpunk ins Punk- und Hipster-Milieu von San Francisco verfrachtet. Was soll ich sagen? Das neue Szenario steht der Spielmechanik. Während mir die meisten Nebencharaktere zu übertrieben prätentiös sind, mag ich den charmanten Marcus, in dessen Haut ich schlüpfe, richtig gern. Egal ob ich mit Drohne über das Noodle-Gelände fliege, eine unschuldige Frau, deren Auto mir im Weg stand, von einem SWAT-Team verhaften lasse oder ob ich Marcus wieder einmal neu einkleide (der Pulli mit süßen Fuchs-Motiv rockt einfach!), Watch Dogs 2 macht sehr viel richtig und sehr viel Spaß. Weil Marcus so ein netter Kerl ist und ein paar der coolsten Videogame-Fähigkeiten überhaupt hat (fremde Autos fernsteuern, die Polizei und den Mob rufen!) bekommt er in dieser Liste die Silbermedaille! P.S.: Hip wie Marcus ist, kann er sogar Selfies machen!

Spaß in Watch Dogs 2: erst swatten, dann Selfie machen.

 

1. Rise of the Tomb Raider / Uncharted 4: Drake, Nadine, Baba Yaga und Lara

Platz 1 teilen sich zwei Titel, die meines Erachtens eine gewisse Verwandtschaft teilen. Tomb Raider hat in den Neunzigern erstens maßstäblich zum (bis jetzt anhaltenden) Erfolg des Action Adventure Genres beigetragen und zweitens eckige Polygon-Brüste und damit einhergehenden Sexismus und Debatten über Sexismus in Videospielen salonfähig gemacht. Man gab sich bis 2008 größte Mühe, das Franchise mit jedem weiteren Teil immer mehr gegen die Wand zu fahren und ermöglichte es so dem Newcomer Nathan Drake seinen Platz am Action Adventure Himmel zu erobern.

Uncharted machte alles richtig, was Tomb Raider von Teil zu Teil immer schlechter machte, bis 2013 Lara Croft unter der Feder der Autorin Rhianna Pratchett (Fun Fact, die Tochter von Terry Pratchett – wobei sie zurecht nicht auf ihren berühmten Vater reduziert werden möchte) eine Auferstehung erlebte. Aus der knapp bekleideten, akrobatischen Super-Amazone wurde eine menschliche Figur, die an ihren Aufgaben und Herausforderungen wuchs. Auch das japanische Szenario war erfrischend neu, die semi-offene Spielwelt begeisterte und man ließ sich intensiv von den Script-Sequenzen der Uncharted-Reihe inspirieren und toppte diese meines Erachtens auch. Für mich ist Tomb Raider (2013) eines der fantastischsten Spiele überhaupt und die auferstandene Lara im mythischen Japan eine der wohl am liebsten gespielten Figuren meiner persönlichen Videospiel-Historie.

Lara trifft im DLC auf Baba Yaga

Auch die Fortsetzung Rise of the Tomb Raider war ein wunderschönes und gelungenes Spiel, erinnerte mich persönlich aber zu sehr an den typischen Uncharted-Spielverlauf. Ja, in meiner Erinnerung bin ich mir teilweise gar nicht sicher, welche Sequenzen zu Uncharted 3 und welche zu Rise of the Tomb Raider gehören. Es war eben das typische „Finde einen mystischen Ort und bekämpfe dort deinen Konkurrenten und mystische Feinde“, das man von der Uncharted-Trilogie gewohnt war.

Der Vorgänger Tomb Raider wirkte eigenständiger, da man von Anfang an das mystische Yamatai bewanderte und erkundete. Auch die neue Charaktertiefe, die Lara in Rise of the Tomb Raider in den Fußstapfen ihres Vaters zeigte, fand ich persönlich nicht so fesselnd wie ihren Aufstieg von der schwachen verheulten Studentin zur Archäologin, die es selbst mit Göttern aufnimmt, aus dem Vorgänger. Das ist allerdings Nörgeln auf höchstem Niveau, denn auch Rise of the Tomb Raider war ein brillantes und spannend erzähltes Spiel, das hier alleine auf Platz 1 thronen würde, wäre da nicht dieses umwerfend fantastische Uncharted 4 erschienen. Bonuspunkte bekommt Rise of the Tomb Raider für den fesselnden Baba Yaga DLC, der mir einen richtigen Schauer über den Rücken gejagt hat. Laras Kampf gegen das wandelnde Hexenhaus ist für mich der Höhepunkt des Spiels.

Uncharted 4 macht nach meiner bescheidenen Meinung kaum etwas falsch (abgesehen davon, dass ich manchmal nicht recht wusste, wo ich hin oder was ich genau machen musste, beispielsweise bei einem Tauchgang!). Die Spielwelt sah umwerfender aus als je zuvor, die Skripteinlagen ließen Michael Bay vor Neid erblassen und – in dieser Liste geht es schließlich um Figuren – die Charaktere, allen voran Nathan und sein Bruder aber auch die ‚böse’ Nadine waren noch besser ausgearbeitet. Sie sahen nicht nur fantastisch aus, auch ihre Motive waren glaubwürdiger, ihre Rollen und Verhaltensweisen plausibler und zu guter Letzt hat Naughty Dog mit Uncharted 4 erneut ( -> The Last of Us) bewiesen, dass man Feminismus in Videospielen für eine wichtige Sache hält. Hier gibt es keine Damsel in Distress, weibliche Figuren sind den Männern ebenbürtig oder in Nadines Fall sogar überlegen. Uncharted 4 ist eine Offenbarung von einem Spiel, großartig in Szene gesetzt und mit fantastischen Charakteren. Wer auf filmreife Inszenierungen und gelungene Action Adventures steht, MUSS dieses Spiel gespielt haben.

Platz 1 meiner persönlichen Lieblingscharaktere 2016 teilen sich Lara und Baba Yaga und fast der gesamte Cast von Uncharted 4.

Wunderschön und spannende Charaktere: So wünscht man sich jedes Spiel

 

Alle Bilder wurden mit der Share-Funktion der PS4 gemacht.

Written By
More from Jo Mayrhofer
Like a Big Boss: Metal Gear Solid 5 – The Phantom Pain
Hideo Kojima ist ein bisschen der Tolkien der Videospiele. Mit seinem Abschlusswerk...
Read More
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert