Scott Snyder: Batman – Death of the Family

Scott Snyder und Greg Capullo führen mit Batman - Death of the Family ihren Erfolgsrun im DC New 52-Multiversum weiter und lassen den Mitternachtsdetektiv gegen seinen Erzfeind Joker antreten.

Death of the Family

Scott Snyder und Greg Capullo führen mit Batman – Death of the Family ihren Erfolgsrun im DC New 52-Multiversum weiter und lassen den Mitternachtsdetektiv gegen seinen Erzfeind Joker antreten. Dieser hat es nach einer erneuten charakterlichen Metamorphose nicht auf Batman selbst, sondern mehr auf dessen Verbündete abgesehen.

Nachdem ihm vor ca. einem Jahr (Zeit-Kontinuität bei Superhelden-Comics ist leider eine ungenaue und hintenan gestellte Wissenschaft) von einem verrückten Genie namens Puppenmacher das Gesicht entfernt wurde, kehrt der Joker nach Gotham City zurück, und schon bricht das Chaos aus: Im GCPD holt er sein Gesicht ab, tötet 19 Polizisten, lässt Gordon aber am Leben, damit dieser Batman warnen soll. Der Dunkle Ritter „habe ja seine Karte“.

Jokers diabolisches Spiel soll hier aber nur seinen Anfang nehmen, denn seine neue Masche scheint den Sinn zu verfolgen, seinen ehemaligen Verbrechen einen Nostalgiebesuch abzustatten und zu pervertieren. Als es schließlich auf einem Staudamm zur Konfrontation zwischen Batman und Joker kommt, offenbart der Clownprinz des Verbrechens Teile seines Masterplans: Er kennt die Identität aller von Batmans Verbündeten, und will Batman dabei „helfen“ zu alter Stärke zurückzukommen, indem er sich dessen Familie entledigt. Und diese Behauptung scheint er zu bestätigen, als er Alfred, Bruce Waynes Butler, entführt. Und auch sonst ist niemand sicher vor der Rache des mörderischen Clowns…

Snyders Bathöhle – ein Sammelsurium aus vergangenen Jahrzehnten

Ähnlich wie bei Grant Morrison, besticht Scott Snyders Batman Run dadurch, dass er sich früherer Batman-Geschichten aus unterschiedlichen Dekaden und Medien annimmt, und für seine Geschichten adaptiert. So gibt es Referenzen auf die allererste Joker-Geschichte aus 1940 sowie auf dessen erste kriminelle Handlung, den Versuch das Trinkwasser-Reservoir der Stadt zu vergiften, und auch Chemikalien, die allein ungefährlich, zusammen aber tödlich wirken, haben ihren Auftritt. Natürlich darf auch die Red Hood-Persona nicht fehlen. Snyder entleiht sich gekonnt verschiedenste Aspekte aus der gesamten Bat-Geschichte. Und macht auch Referenzen, die nicht so leicht auszumachen sind: So erinnert Jokers Veränderung an Morrisons Prosawerk Der Clown um Mitternacht, in welchem erklärt wird, dass der Joker keine wirkliche Persönlichkeit besitzt, sondern sich immer den Begebenheiten anpasst. Oder auch Jokers Rückkehr nach Gotham, welche durch eine plötzliche Regenperiode begleitet wird, ähnlich wie Regen auch die Rückkehr Batmans in Frank Millers Meisterwerk The Dark Knight Returns symbolisiert.

Ein Tod in der Familie

Der Titel ist hierbei sogar die größte Referenz, weist er doch auf die klassische Batman-Geschichte A Death in the Family hin. In dieser 1979 erschienenen Geschichte von Jim Starlin und Jim Aparo tötet der Joker den damaligen Robin Jason Todd auf grausame Weise. Auch wenn die Geschichte nicht wirklich gut, und wegen seiner rassistischen und stereotypen Darstellung von Iranern doch auch bedenklich ist, so ist dieses Buch doch ein Meilenstein in der Comicgeschichte, denn Jasons Schicksal wurde nicht von der Redaktion, sondern von der Leserschaft per Telefonvoting besiegelt. Ähnliche Schlagzeilen machte auch Snyders Geschichte, als um die Zeit der Veröffentlichung der Tod einer weiteren Bat-Figur angekündigt wurde.

 

Wer wird sterben? Quelle: http://dc.wikia.com/wiki/Batman:_Death_of_the_Family
Wer wird sterben?
Quelle: http://dc.wikia.com/wiki/Batman:_Death_of_the_Family

R-rated Batman?

Capullos Artwork ist großartig, und zeichnet sich vor allem durch Detailverliebtheit aus. Nach jedem Kapitel der Hauptstory folgt ein „Epilog“ von Autor James Tynion IV, welcher den Joker in Interaktion mit anderen Bösewichten aus Batmans Schurkenriege zeigt, und auch ein paar mehr Einblicke in dessen Masterplan gibt. Diesen Epilogen sieht man den qualitativen Unterschied zu Snyders Schreibweise aber deutlich an, und richtig gut gelungen ist nur Jokers Begegnung mit Harley Quinn. Jokers Masterplan hingegen funktioniert großartig und verlangt Batman alles ab. Jedoch merkt man diesem Bat-internen Großereignis an, dass Snyder bei bestimmten Plotentwicklungen die Hände gebunden waren, und einerseits der Status Quo zu einem gewissen Teil beibehalten, andererseits die Gewalt und Verunstaltung gewisser Figuren relativ folgenlos bleiben wird.

Nichtsdestotrotz muss aber gesagt werden, dass der Comic ganz und gar nicht für jüngere Leser geeignet ist. Die Gewaltdarstellung ist explizit, und teilweise sehr grauslich anzusehen, und vor allem vorzustellen. Gerade jedes Panel mit dem Joker sollte für ein R-Rating genügen, ist dessen Gesicht immerhin nur auf das rote, bloßgelegte Fleisch seines Kopfes festgeschnürt.
In keinem anderen Medium konnte sich Batman so viel Gewaltdarstellung erlauben (überlegt mal in wie vielen Batman-Filmen wirklich jemand blutet oder entstellt wird, Harvey Dent mal ausgenommen), und selbst zu den Comics ist es eine ordentliche Steigerung von u.a. Millers The Dark Knight Returns.

Trotz aller Gewalt geht es im Comic aber vor allem um den psychologischen Batman und seine Beziehung zu seiner „Familie“, wie auch zum Joker. Oftmals als zwei Seiten einer Medaille bezeichnet, sind Batman und Joker zwei Extreme, die sich gerade aufgrund ihrer Unterschiede ähneln. Eine Pflichtlektüre hierbei stellt Alan Moores Batman – The Killing Joke (Batman: Bitte Lächeln) dar. Und eben diese Ähnlichkeit ist es, die der Joker versucht in Death of the Family begreifbar zu machen. Denn er hat – außer dem masochistischen Stockholm-Opfer Harley Quinn – keine wirklichen Verbündeten. Und so auch Batman. Und unentwegt in der Geschichte drängt sich Nightwing, Robin, Batgirl und Co die Frage auf, wie viel ihr Mentor ihnen eigentlich verschweigt.

 

Szenen einer Hassliebe: Batman vs Joker Quelle: Batman- Death of the Family, Snyder, DC 2014, S. 54
Szenen einer Hassliebe: Batman vs Joker
Quelle: Batman- Death of the Family, Snyder, DC 2014, S. 54

Verdikt – Heilige Gesichtsamputation, Batman!

Death of the Family ist trotz der expliziten und ekelerregenden Gewaltdar- und -vorstellung ein lesenswerter Comic, der sich vor allem auf die Beziehungen zwischen Batman und seinen Freunden und auch dem Joker fokussiert. Scott Snyder hat aus den 75 Jahren der Figuren diverse Aspekte zusammengesammelt, und vereint sie nun in diesem Werk. Nicht jedes Handlungselement funktioniert so gut wie gedacht, aber die Spannung wird immer aufrecht erhalten, und das Ende hinterlässt einen ordentlich bitteren Nachgeschmack. Bislang ist es Snyders beste Geschichte in seinem Batman-Run. Ich wette, in 10 Jahren wird diese Graphic Novel zu den Highlights in der Bat-Geschichte zählen.

Cover zu Batman - Death of the Family, Copyright DC Comics
Cover zu Batman – Death of the Family,
Copyright DC Comics

 

Batman #3 – Tod der Familie (Death of the Family)
Autor: Scott Snyder, James Tynion
Zeichnungen: Gred Capullo, Jonathan Glapion
DC Comics, 2012/13, 2014

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