Wer die Filme Adaption, Being John Malkovich und Eternal Sunshine Of A Spotless Mind kennt, weiß, dass Charlie Kaufmans komplexe Charakter mit einer Unmenge an Neurosen und anderen Problemen zu kämpfen haben. Nachdem dies sein Erfolgsrezept zu sein scheint, bleibt er diesem auch bei Anomalisa treu.
Gemeinsam mit Duke Johnson hat Kaufman ein kleines Kunstwerk erschaffen. Selten, wenn nicht sogar noch nie, gab es einen so realistischen Blick auf das Leben mit all seinen Problemen, in Stop-Motion für Erwachsene. Mit Stop-Motion-Filmen wie Paranorman oder Boxtrolls aus dem Hause Leika hat dieser Film allerdings nichts zu tun, denn er ist auf keinen Fall kindertauglich.
Für diese Art von Filmen braucht man Zeit, sehr viel Geduld und vor allem auch das nötige Kleingeld. Umso erfreulicher ist es, dass er mit Hilfe von Kickstarter.com nach 3 Jahren verwirklicht werden konnte. 5.770 Unterstützer haben 406.237 $ gespendet. Belohnt wurden Kaufman und Johnson bereits bei der Biennale in Venedig mit dem Großen Preis der Jury.
Eine Anomalie namens Lisa
Michael Stone, um die 40, verheiratet, ein Sohn, ist erfolgreicher Motivationstrainer und auf einer Geschäftsreise in Cincinnati. Er soll einen Vortrag halten zu seinem Buch, das scheinbar ein Bestseller und als Trainings-Grundlage für Kundendienst–Hotlines verwendet wird. Schnell wird einem die Diskrepanz klar, dass er die motivierenden Worte, die er verkauft, leider nicht bei sich selbst anwenden kann.
Man spürt die Leere und die Einsamkeit, die Michael plagt in den kühlen und immer gleich designten Hotelzimmern. Sogar die Stimmen klingen alle gleich für ihn, was anfangs sehr irritierend ist. Die Flucht vor Frau und Kind, scheint ihm sehr gelegen zu kommen. Aus diesem Grund versucht er mit allen Mitteln die Dämonen seiner Vergangenheit, aufzusuchen, genauer gesagt die Ex-Freundin. Dass diese Ideen meistens nicht die besten sind, wird auch Michael ziemlich schnell klar. Krampfhaft versucht er seine innere Leere zu füllen, man spürt die Sinnkrise in der er sich befindet und der Nervenzusammenbruch scheint sich mit schnellen Schritten am Hotelflur anzupirschen. Als er plötzlich Lisa’s Stimme (Jennifer Jason Leigh im Original) hört, scheint sich alles zum Guten zu wenden.
Mit einer unglaublichen Liebe zum Detail lässt Kaufman einen tatsächlich manchmal vergessen, dass es sich hier nicht um echte Menschen handelt. Dennoch, es gibt eine Szene, die allen in Erinnerung bleiben wird, und genau da wird einem so richtig bewusst, dass es nicht von realen Personen dargestellt wird. Richtig- es gibt eine Sexszene. Mit Filzpüppchen! Ja, auch ich hatte erst einen: This is awkward-Moment. Das Schöne daran ist jedoch, dass einem diese Szene nicht so schnell aus dem Kopf gehen wird, weil das Gefühl nicht weggeht. Das Gefühl, dass man Teil einer sehr intimen Begegnung war, und die Scham, die man empfindet, obwohl oder gerade weil, es nicht von realen Personen gespielt wurde. Anomalisa hat Witz, Charme und lässt keinen kalt.
Anomalisa
Regie: Charlie Kaufman, Duke Johnson
Drehbuch: Charlie Kaufman
Cast:
Stimme Lisa: Jennifer Jason Leigh
Stimme Michael: David Thewlis
Verleih: Universal Pictures Int.
Laufzeit: 90 Minuten, FSK: 14, Prädikat: Sehenswert, Startdatum: 21/1/16