Sploooosh!

In Magicka 2 laufen die Kapuzenwichte wieder Amok. Sebastian gefällt das gut.
Da brutzelt der Troll! (Quelle: SD via Steam)
Da brutzelt der Troll! (Quelle: SD/Steam)

In Magicka 2 laufen die Kapuzenwichte wieder Amok. Sebastian gefällt das gut.

Die Magie als solche weist im Gaming ja eine gewisse Genreaffinität auf: Magier findet man bevorzugt in Rollen- und Strategiespielen, was das Zaubern selbst wiederum zu einer ziemlich reglementierten, man möchte fast sagen, technischen Angelegenheit macht: Wir investieren Skillpunkte in Intelligenz, kalkulieren Manapool und -verbrauch, behängen uns mit irgendwelchen Amuletten und werden auf Level 56 dann vielleicht auch nicht mehr von jedem klingenschwingenden Otto in Scheiben geschnitten – akribischem Charakter-Building sei Dank. Alles eine Frage der Planung also, denn beim Zaubern selbst kann ja nichts schief gehen. Undenkbar, dass uns in Skyrim der Kopf explodiert, oder wir uns in Gallerte verwandeln, weil wir einen Zauber falsch angewendet haben: Gaming-Magie ist domestizierte Magie, ihre Anwendung ungefähr so vorhersehbar wie das Licht einschalten. Zack: Blitz. Zack: Heilen. Zack: Zombie beschwören.

 Brachialzauberei aus Schweden

Eine Ausnahme dieser Regel erblickte 2011 mit Magicka das Licht der Welt: Hier verliert die Magie ihre Schranken und wird zu einem brodelnden, fiesen Biest: Kein Manapool, keine Skillbäume, keine Grenzen. Doch der Umgang mit quasi absoluter Macht birgt seine Tücken. Zaubersprüche werden durch die Kombination von acht Elementen gebildet, deren zum Teil unvorhersehbare Wechselwirkungen das Zaubern zu einem hochexperimentellen Unterfangen im Angesicht des Feindes machen. Unaufhaltsamer Todestrahl oder spektakulärer Selbstmord – dazwischen liegt oft nur ein Mausklick. So auch in Magicka 2, wo die schwedischen Arrowhead Game Studios erneut bis zu vier wichtelhafte Robenträger zur Rettung der quietschbunten Spielwelt Midgard ausschicken. Wobei „Rettung“ natürlich ein dehnbarer Begriff bleibt: Unter der magischen Inkompetenz der Spieler leiden wie im ersten Teil zumeist Zivilbevölkerung und Verbündete. Auch an den übrigen Grundzutaten hat sich nicht viel geändert: Wasser, Leben, Schild und Frost, sowie Elektrizität, Tod, Stein und Feuer stehen uns als Elemente zur Verfügung. Die Wechselwirkungen sind ebenfalls weitestgehend bekannt: Feuer und Wasser ergibt Dampf, Wasserzauber machen uns nass (dann tut Elektrizität wiederum besonders weh), Feuer trocknet uns wieder. Solcherart ausgestattet ziehen wir los, um die „Auserwählte“ Lok zu finden. Die ist nämlich eine außerordentlich starke Magierin und soll unseren durch einen Magierkrieg arg dezimierten Orden wieder zu alter Größe führen. Angeleitet werden wir vom moralisch ambiguitiven Vlad, dessen Beteuerungen, kein Vampir zu sein etwas glaubwürdiger wären, wenn wir ihn nicht ständig beim Verkosten unbescholtener Bürger erwischen würden.

#deadgoblins
#deadgoblins (Quelle: SD/Steam)

Die Magie des Selbstmords

Und so treten wir eine Welle der Zerstörung los, die man unseren putzigen Bademantel-Avataren auf den ersten Blick so gar nicht zutrauen würde. Horden von Gegnern wollen bezwungen werden und sehen gegenüber unseres magischen Arsenals prinzipiell ziemlich alt aus: Flammenstrahlen fressen sich durch heranstürmende Goblintruppen, Blitze rösten Riesenkrabben und explosive Geschosse legen Verteidigungswälle in Schutt und Asche. Soweit zumindest die Theorie, denn der limitierende Faktor sitzt bei Magicka 2 eindeutig vor dem Bildschirm. Die richtige Elementkombination zu finden ist nämlich gar nicht so einfach während man, von hunderten Monsterkrabben umzingelt, gleichzeitig eingefroren, mit Säure beschossen und aufgegessen wird. Zu allem Überfluss wird das was die Gegner von uns übrig lassen, dann auch nur zu oft von einem schlecht gezielten Magiestrahl unserer Mitstreiter vollends gegrillt – falls wir das nicht schon selbst erledigt haben, weil wir unser Feuer-/Elektro-/Eis-Geschoss, das eigentlich für diesen verdammten Troll bestimmt war, versehentlich auf uns selbst wirken: Splosh! Und auch sonst gibt es eine genügend Möglichkeiten sich umzubringen, denn natürlich können Zauberer nicht schwimmen und auch ein Sturz von den zahlreichen Klippen Midgards ist eine ziemlich tödliche Angelegenheit. Zum Glück besitzen wir vier Slots für verschiedene nützliche Spezialzauber, von denen einer quasi permanent für die Reanimation reserviert ist: Damit können wir unsere gefallenen Freunde wiederbeleben, vorausgesetzt das Timing stimmt, denn anders als bei der Standardmagie gibt es hier sehr wohl Cooldownzeiten. Dementsprechend gestalten sich unsere Kämpfe allzu oft als eine Mischung aus Weglaufen, dem hektischen Beschwören von Schilden und gegenseitigem Wiederbeleben – gelegentlich unterbrochen von ein paar Sekunden, in denen wir einmal halbwegs ungestört Zauber auf unsere Gegner wirken können. Gleichzeitig darf man sich nur in sehr begrenztem Maße auf Unterstützung durch Ausrüstungsgegenstände verlassen: Magicka 2 ist, wie bereits sein Vorgänger, ein sehr lootarmes Spiel: Gelegentlich findet sich eine neue Nahkampfwaffe oder Robe, vor allem die Boni letzterer sind aber häufig mit deftigen Nachteilen verknüpft, weshalb Gaderobenwechsel wohlüberlegt sein sollten. Wir sind also zurückgeworfen auf unsere magischen Fähigkeiten, sprich die an Tastatur oder Controller.

Nichts wie weg!
Nichts wie weg! (Quelle: SD/Steam)

Die diversen Pannen, die uns beim Tastenzaubern widerfahren sorgen für einiges an Situationskomik und fügen sich damit nahtlos in die Grundstimmung von Magicka 2 ein, das, mehr noch als sein Vorgänger, von seinem recht bizarren Humor lebt. Der geht über ein gekonntes Platzieren von Eastereggs hinaus und ist durchaus subversiver Natur: Zu der knuffigen Comicoptik und den in drolligem Kauderwelsch daherplappernden Charakteren gesellt sich in den zahlreichen Kämpfen ein ziemlich drastisches Maß an Brutalität, was eine bisweilen recht verstörende Mischung erzeugt. Gleichzeitig ist nicht so ganz klar, wer denn hier in Midgard eigentlich zu den ‚Guten‘ gehört: Spätestens wenn Elfen, Menschen und Zwerge den amoklaufenden Kapuzenmännchen (also uns) ihre geeinten Armeen entgegenwerfen, weil sie genug davon haben, dass irgendwelche magischen Dilletanten (also wir) versehentlich ihre Häuser abfackeln, bekommt die ganze Unternehmung eine moralisch ziemlich fragwürdige Note: Die Spieler steuern keine gütigen, weisen Gelehrten, oder strahlende Helden, sondern eine wildgewordene Naturgewalt, ohne die Midgard vermutlich wesentlich besser dran wäre. Auf ziemlich subtile Weise nimmt Magicka 2 damit gängige Fantasy-Klischees auf die Schippe und uns beschleicht zunehmend der Verdacht, dass in dieser Geschichte eigentlich wir die Schurken darstellen.

Sebastian und Franz in der Welt der Streifen. Oder doch ein Bug?
Sebastian und Franzi in der Welt der Streifen. Oder doch ein Bug? (Quelle: SD/Steam)

Das ist doch ein gehöriges Maß an narrativer Komplexität die sich hier zwischen den Zeilen einer an sich ziemlich simplen Storyline verbirgt und die durch das Gameplay perfekt mitgetragen wird: Wirklich im Griff hat man die eigenen magischen Fähigkeiten nämlich selbst beim Endboss nur zum Teil. Dieses originelle Konzept lassen dann auch über die zum Teil recht groben handwerklichen Schnitzer hinwegsehen, etwa der Tatsache, dass ein Ausrüstungswechsel nur im Hauptmenu möglich ist, oder die in unserer Version ziemlich häufig auftretenden Grafikbugs. Dass Magicka 2 im Vergleich zum Vorgänger nur minimale Veränderungen vornimmt, ist vor diesem Hintergrund auch nur positiv zu bewerten. Ein schräges, spaßiges und und herausforderndes Spiel!

Magicka 2
Plattform: PlayStation 4, Linux, Microsoft Windows
Entwickler: Pieces Interactive
Publisher: Paradox Enternainement
Bereits erschienen (26. 5. 2015)

Release Trailer
Spielhomepage
Homepage des Entwicklers

 

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