Harri Pinter, Drecksau – Homer Simpson auf Kärntnerisch

Sportlegende, Frauenversteher, ewiges Kind. Mit „Harri Pinter, Drecksau“ startet die neue Reihe der Österreichischen Stadtkomödien. Der Film hat es sogar zu einem landesweiten Kinorelease gebracht. Doch kann ein Film, der eigentlich als Fernsehkomödie konzipiert war, das Kinopublikum überzeugen?

Harri Pinter ist eine richtige Drecksau. Also zumindest war er das, früher als er für den Klagenfurter Eishockeyverein KAC gespielt hat. Die glorreichen Tage sind schon längst vorbei, doch  Mitvierziger Pinter (Jürgen Maurer) schwelgt nach wie vor in der Vergangenheit. Als Fahrlehrer verdient er sein Geld, als Trainer der U12-Jugendmannschaft sieht er seine Berufung. Doch als seine langjährige Lebensgefährtin Ines (Julia Cencig) ihn durch eine Affäre mit einem Universitätsprofessor verlässt, wirft es den Vollzeitproleten völlig aus der Bahn. Und das hat auch ordentlichen Auswirkungen auf seine Tätigkeit als Trainer, und als Fahrlehrer. Kann Harri Pinter sein Leben wieder auf die Reihe bringen und Ines nun zurückgewinnen, die doch mittlerweile einen anderen hat, oder wird er ein ewiges Kind und eine Drecksau bleiben?

Die Drecksau weiß, wo man am Besten mit Frauen am Telefon flirtet Foto: Graffilm

Kärntner Humor – Ein Schenkelklopfer

Der Humor dieser Stadtkomödie rührt in erster Linie von Harri Pinters dummen Aussagen her, die er im tiefsten Kärntner Dialekt raushaut. Sätze wie „I hab eh no nie mit am Master getupft“[Sexuelle Avance] oder „Du holt sölba die Goschn Du Gschrirsche“ [Beleidigung] erweitern den Dialektwortschatz ungemein, meiner Meinung nach auch für Kärntner selber. Meurer spielt die Figur voller Elan. Er ist halt ein liebevoller Idiot, ein Homer Simpson-Verschnitt. Als Fahrlehrer spricht er nur über sich, und als Trainer ist er ein unbeholfener Grobian mit weichem Kern. So viel Blödsinn er auch macht, das Publikum verzeiht ihm seine Ausrutscher.

Dabei ist vieles, was ihm passiert, gar nicht so witzig, sondern eher tragisch. Vor den Augen des Zuschauers zerbröckelt das ganze Leben der Hauptfigur, verliert er doch so viel mehr als seine Beziehung, und dennoch lachen wir darüber. Die Tatsache, dass er in der Vergangenheit festzustecken scheint, ist im Film durchwegs zu erkennen, aber nirgendwo besser als dann, als er eine 80er Party besucht.

In einer anderen brilliant gefilmten Szene werden Harris Probleme an seinem scheinbaren Tiefpunkt veranschaulicht, als er im Auto ein Telefonat mit seiner Exfreundin führt. Dabei tut er so, als wäre er auf einer Party, während sie aber ebenfalls im Bild ist und ihn von ihrer Position aus genau beobachten kann. Er hat sie nicht erkannt.

Harri Pinter mit seinem besten Freund (Andreas Lust) aus besseren KAC-Tagen

Fernsehdramaturgie im Kino: Am Ende ist eh alles gut

Was dem Film aber leider doch zum Problem wird ist seine Natur. Immerhin ist er im Vorhinein als Fernsehfilm konzipiert gewesen, und weist daher eine etwas andere dramaturgische Struktur als herkömmliche Kinofilme auf. Dabei fällt vor allem auf, dass die Charakterisierungen von Nebenfiguren recht simpel gehalten sind. Ebenso bleiben auch die Konflikte weitestgehend ohne Konsequenzen oder Konfrontation. Die Hauptfigur muss gegen Ende an einem Ort sein, wo sie nicht reindarf. Und das passiert (fast) ohne Probleme, weder während des Eindringens, noch nach „Entdeckung.“ Ebenso bleibt eine Konfrontation mit einer antagonistischen Figur, die stereotypisch überheblich und narzistisch charakterisiert wurde, aus.

Auch Subplots von Nebenfiguren sind eher oberflächlich. Der mysteriöse Verehrer von Kellnerin Miriam (Amrei Baumgartl) ist doch recht schnell (fürs Publikum) gefunden, und der neue Freund von Ines wird als fader Schnösel inszeniert. Damit definiert sich der Film als Anti-Woody Allen, denn der amerikanische Kultregisseur hat ja bekanntlich ein Faible für Protagonisten aus dem Akademiker-Millieu.

Verdikt: Homer Simpson Drecksau – Der Anti-Woody Allen

Harri Pinter, Drecksau ist ein Film, der vor allem eines richtigmacht: Er unterhält und macht richtig Spaß. Und das auch, obwohl dem Protagonisten doch eine Hiobsgeschichte widerfährt. Jürgen Maurer brilliert als Homer Simpson-Verschnitt zu einer Zeit, in dem die amerikanische Kultserie längst überholt ist, und bringt dadurch das Publikum zum Lachen. Dabei ist es nur schade, dass der Film sich am Ende zu wenig traut und etwaige Konfrontationen scheut. Ebenso werden diverse Figuren recht eindimensional gezeichnet. So haben einige der tollen Schauspieler wenig mit dem Material zu arbeiten bekommen.

In Kärnten und Osttirol ist der Film ein Publikumsliebling und Kassenschlager, und jetzt hofft die Drecksau, auch das restliche Österreich zu erobern. Für eine gute, unterhaltsame Zeit sei auf jeden Fall gesorgt.

Harri Pinter Drecksau

Graffilm, Thimfilm
Aut 2017
R: Andreas Schmied
B: Stefan Hafner, Thomas Weingartner
D: Jürgen Maurer, Julia Cencig, Andreas Lust, Amrei Baumgartl
L: 90 min
FSK: 12
ET: 22.10. / 1.12.

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