-35 Grad Celsius. Ein Schneesturm zieht auf. Weit und breit niemand zu sehen. Ein Wolf ernährt sich von dem gefrorenen Fleisch eines toten Rehs. In meinem Rucksack befindet sich eine Konservendose: Bohnen mit Speck. Wenn ich nicht bald einen Unterschlupf finde bin ich tot. The Long Dark ist Survival-Horror. Nur ohne Horror.
Steam zerstört mein Sparschwein
Da saß ich – Weihnachten 2014 – nichts ahnend vor meinem Computer und wäge ab ob ich nun Steam öffnen soll oder nicht. Wie jeder User weiß, war gerade Weihnachtsabverkauf – oder anders gesagt: Steam wirft einem für Kleingeld (bei dem man sich nicht sicher ist, ob der Energieaufwand sich zu bücken, um die Münzen aufzuheben, sich rechnet) großartige Spiele in den Rachen, respektive auf die Festplatte. Eh Wurscht, schauen kostet ja nix. Jo, eh. Innerhalb weniger Sekunden überzeugt und gekauft: The Long Dark.
Ärzte warnen: Jede Entscheidung kann tödlich sein.
Ich stehe also, völlig vereinsamt, mitten in der kanadischen Kälte. Es hat -31 Grad Celsius, mein Flugzeug ist abgestürzt und Elektrogeräte funktionieren nicht mehr. Was genau passiert ist, weiß ich nicht. Eine leichte Daunenjacke und Arbeitsstiefel halten mich auch nicht wirklich warm. Ich benötige Unterschlupf – und zwar dringend. Denn: die Sonne steht bereits tief; bald wird die Nacht hereinbrechen und die Dunkelheit wird mich verschlucken. Am Horizont erkenne ich ein einsames Haus auf einem Hügel. Das erscheint mir gut. Bei dieser Saukälte kann ich ohnehin nicht lange im Freien bleiben. Ich mache mich also auf den Weg. Kaum die Hälfte der Strecke gegangen, entdecke ich eine alte Werkstatt. Hmmm. In einem Wohnhaus ist die Wahrscheinlichkeit höher Lebensmittel zu finden – andererseits, woher soll ich denn wissen ob ich es überhaupt soweit schaffe, bevor die Nacht hereinbricht? Ich entscheide mich für die Garage. Auf dem Weg dorthin bleibe ich auf einem kleinen Hügel kurz stehen. Die Sonne geht unter. Es ist ein wunderschöner Anblick. Der Wald und der riesige, zugefrorene See verschmelzen mit dem purpurnen Himmel. Mein Kalorien-Counter läuft rapide Richtung 0. Beinahe hätte ich den Sonnenuntergang, der wie ein wundervolles Gemälde über meinen Bildschirm strahlt, zu lange betrachtet. Hungrig und unterkühlt erreiche ich die Werkstatt und – siehe da – die Werkstatt ist Teil einer Tankstelle mit einem Shop. Schnell schlürfe ich kalorienreiche Softdrinks und stopfe Schokoriegel in mich rein. Heute lohnt es sich nicht mehr weiterzugehen, ganz im Gegenteil: die Finsternis würde mich sofort töten, ich verbringe also die Nacht hier. Immerhin gibt es ein Fass, um Feuer zu machen. Davor ist genug Platz meinen Schlafsack auszurollen und Handschuhe habe ich auch gefunden. Am Feuer kann ich etwas Schnee schmelzen, um Wasser in meinen Rucksack zu geben. Gestärkt und für den morgigen Tag gut vorbereitet kann ich mich nun schlafen legen. Mal schauen, was das Haus, zu dem ich ursprünglich wollte, zu bieten hat. Vielleicht finde ich ja ein paar dicke Socken.
Early Access
Der Indie-Neuankömmling Hinterland Games hat einen hervorragenden Titel geschaffen, der stetig erweitert wird. Die aktuelle Fassung ist immer noch Teil des Steam Early-Access-Programms und ist daher auch für wenige Euro zu haben und wer sich selbst als Super-Sparfuchs einstuft, kann auch bis zum nächsten Sale warten. Allerdings ist das Produkt jeden Cent wert und gerade kleine Indie-Studios, wie Hinterland nun eines ist, haben sich denn vollen Preis für das Spiel verdient. Mittlerweile kann The Long Dark auch für Xbox One erworben werden und ist praktisch das Preview-Flaggschiff auf Microsofts Heim-Unterhaltungs-Rechner. Ich möchte hier gar nicht allzu viel faseln, warum ihr The Long Dark unbedingt spielen solltet – kauft die Semmeln einfach, solange sie noch warm und knusprig sind.
The Long Dark
Entwickler: Hinterland Games
Plattform: Steam, XBO
Release: Late 2015 für Story Mode, Sandbox Mode via Early Access/Xbox Preview bereits verfügbar.