Beauty and the Beast – Märchen schreibt nicht nur die Nostalgie.

Wie sehr haben wir sie und ihre Geschichte geliebt. VHS-Kassetten wurden von vorn nach hinten und wieder zurück gespult, Hörbücher wurden auswendig mitgesprochen und -gesungen, und die Vorliebe am Flohmarkt nach alten Kerzenständern zu suchen, hält seit der Kindheit an. Seit Monaten vorfreudig und deswegen auch bangend erwartet, haben wir uns nach vielen Remake-Enttäuschungen jedoch wieder vollkommen neu in diese Welt verliebt. Beauty and the Beast, Märchen schreibt die (Kindheits-)Zeit – oder: „Kann ich bitte in Belles Bibliothek wohnen?“

Belle war immer schon diejenige der klassischen Disney-Prinzessinnen, die noch am Wenigsten in das „some day my prince will come“-Image passte. Zugegeben, Belle ist zwar immer noch keine Mulan (weil, come on, die Gute hat einfach mal China gerettet!!!), aber, dass sie ihre Nase lieber in Bücher steckte, und sich nichts mehr erträumte, als endlich aus ihrem kleinen Dorf zu entfliehen, fand ich und viele andere Kinder immer schon toll. Was ihr und dem Film fehlte, war lediglich das bisschen mehr „Tiefe“. Getreu dem Motto „never change a winning team“ wurde der Großteil des Disney-Klassikers übernommen, aber es wurde dort ausgebaut, wo Lücken waren (und, ja, wir wissen jetzt endlich, was mit Belles Mutter passiert ist).

Kritisiert kann werden, dass Belle immer noch die klassisch-wunderschöne Frau ist, die sich am Ende trotzdem dem Prinzessinnenkleid zuwendet – aber Beauty and the Beast will eben ein, oder das Märchen bleiben, und lockt mit viel Kitsch, großen Musiknummern und pompösen Kostümen und Sets.
Die Märchenverfilmung bleibt aber nicht vollkommen oberflächlich. Die neue Belle ist Erfinderin geworden und lernt einem jungen Mädchen das Lesen, und wird dafür sofort gerügt – weil Frauen, die lesen, könnten dem kleinen fiktiven Dorf gefährlich werden. Und wo in dem 90er-Disneyfilm alles hetero und weiß war, so treten hier people of color und queer-Figuren auf (Endlich, Disney!!! Bitte viel, viel mehr davon, danke!). Der gar nicht wirklich große Auftritt einer schwulen Figur in einem vermeintlichen Kinderfilm hat für Bullshit-Reaktionen in den stumpfen Winkeln der Welt gesorgt und sollte Filmemacher_innen eher bekräftigen, hier noch viel mehr aufzulegen.

Grundsätzlich sind die Charaktere einen Grad überzeichnet, aber immer noch glaubenswert. Luke Evans als Gaston ist fantastisch überheblich, und fast zu gut, um ihn als Bösewicht nicht eher zu lieben. Wunderfrau Emma Watson ist anmutig, aber stur gleichzeitig, und ist meiner Meinung nach immer noch die allerbeste Wahl für Belle. Wer hatte auch geahnt, dass sie die Lieder von Belle so schön singen würde? Aber gut, was kann Emma Watson nicht? Girlcrush hoch 1000. Immer und immer wieder.
Dass Größen wie Ewan McGregor (als Kerzenleuchter Lumière), Ian McKellen (als Uhr Cogsworth / Herr von Unruh) und Emma Thompson (als Teekanne Mrs Potts / Madame Pottine) den verzauberten Diener_innen des Prinzen ihre Stimmen geschenkt haben, war wie Honig in den Ohren und auf der Seele.
Und: ich liebe LeFou. Wirklich. Josh Gad ist LeFou und niemand könnte besser in der Rolle sein als er. LeFou wächst vom Gaston-Fanboy zu „Ist das wirklich das richtige Biest, das wir hier jagen?“ , und bekommt schließlich noch eine wichtigere Rolle für einen Film des 21. Jahrhunderts. 

Die Animation tut der Magie, die in uns erzeugt werden soll, etwas Gutes. Gerade das Plastische an den verwunschenen Schlosseinwohner_innen lassen uns in dieser zauberhaften Welt festhalten, und unser Kopf ist nicht die zwei Stunden über damit beschäftigt das CGI vom Realen herauszulesen, ganz so, als würden wir wieder wie damals als Kinder im Kino sitzen. Da wurde gar nicht erst versucht, einen sehr realistischen Kerzenständer darzustellen, dem man einfach nur Augen und Mund aufkleben wollte. Die Animation ist kindlich, aber keines Falls unbeholfen.
Und apropos Animation – nein, das Biest ist nicht zu schiach. Es ist so, wie es sein sollte. Ein Biest halt. (Und kann es sein, dass er gegen Ende hin eh immer fescher geworden ist, mit seinem pelzigen Gesicht? Wieso macht Disney immer so fesche Tier-Figuren? Was sagt das über mich? Hilfe!) In diesem Sinne riesengroße Props an Dan Stevens, der sich mit Stelzen die legendäre Ballszene tanzte, hat er wirklich alles echt gut gemacht.

Beauty and the Beast ist sicherlich nichts für Freund_innen des Realistischen – aber für alle mit Faible für das Märchen, für große Musicalnummern und bunte, überzeichnete Bilder genau das Richtige. Man kann mit dem Film auch oft lachen, aber ertappt sich dennoch dabei in Kindheitsnostalgie zu schwelgen. Ein Film, mit dem sich der Alltag für etwa zwei Stunden sehr gut und gern ausschalten lässt. Nicht, dass wir jetzt alle wieder Belle sein wollen – aber darf ich bitte so eine Bibliothek haben?

Beauty and the Beast
Regie: Bill Condon
Drehbuch: Stephen Chbosky, Evan Spiliotopoulos
Cast:  Emma Watson, Dan Stevens, Luke Evans, Josh Gad, Evan McGregor, Ian McKellen, Emma Thompson, Gugu Mbatha-Raw, Audra McDonald, Stanley Tucci
Länge: 129 Min.
FSK: 6
Kinostart: seit 16. März 2017

Alle Bildrechte – ©Disney 2017

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