Game of Thrones Exhibition: Who the fuck is Jon Snow’s mother?

Menschen haben sich verliebt, vierzig fanatische Fans verbrachten gemeinsam 18 Stunden in einem Bus, jemand hat sich tätowiert, ich war innerhalb von 36 Stunden dreimal betrunken und hatte einen Zuckerschock, den ich mit den aus Wien mitgebrachten, verbliebenen acht Euro finanziert habe. Und auf der Ausstellung waren wir auch.
wien-berlin-westeros-bus
Der Wien-Berlin-Westeros-Fanreise-Bus (Quelle: Silvia Danninger)

Oder: Als ich der einzige Mensch auf der GoT-Exhibition in Berlin war, der noch nie eine Folge gesehen hat.

Menschen haben sich verliebt, vierzig fanatische Fans verbrachten gemeinsam 18 Stunden in einem Bus, jemand hat sich tätowiert, ich war innerhalb von 36 Stunden dreimal betrunken und hatte einen Zuckerschock, den ich mit den aus Wien mitgebrachten, verbliebenen acht Euro finanziert habe. Und auf der Ausstellung waren wir auch.

Die Anreise.

Mittwochabend, 21.00 Uhr, Rathaus. Menschen warten bereits auf den angekündigten Luxus-Bus, der uns ins ferne Deutschland transportieren soll. Ich bekomme die erste Krise, als einer der Sky-Mitarbeiter mich und meinen Begleiter (der mich überhaupt erst dazu animiert hat mitzufahren) interviewte. Wie bereits erwähnt, habe ich noch nie eine Folge Game of Thrones gesehen und ich muss ehrlich gestehen, ich hatte es auch nicht vor. Irgendwie ist dieser Trend spurlos an mir vorbeigeglitten. Als ich irgendwann bemerkte, dass 80% meines Freundeskreises, darunter Leute, die normalerweise alles andere als fanatisch sind, sich ununterbrochen über diese Serie unterhielten und ich nie mitreden konnte, beschloss ich erst recht nicht damit anzufangen. Es hat mich ehrlichgestanden einfach nie interessiert und ich wusste, sobald ich damit beginne, muss ich es auch zu Ende bringen und dafür habe ich weder Zeit noch Lust. Uni und Reallife beschäftigen mich genug, da bleibt nun echt keine Zeit mehr für stundenlanges HBO-Seriensüchteln. Ich beschloss trotzdem nach Berlin mitzufahren. Erstens weil gratis Reise nach Berlin, zweitens weil gratis Reise nach Berlin. Trotzdem hatte ich irgendwie Schiss, dass meine Unwissenheit bald auffliegen wird und ich als Geächtete an der nächsten Autobahnhaltestelle ausgesetzt werde wie ein ungeliebtes Kätzchen, das einmal zu oft zugebissen hat.

An besagtem Abend fanden wir uns hinter dem Rathaus ein, ich, mein Begleiter und über vierzig wahnsinnige Fans. Eine von ihnen war jetzt bereits in voller Montur (Ballkleid, hohe Hacken und Perücke) wie ich später erfahren habe, stellte sie eine Dame namens Daenerys (danke, Google) dar, die meines Erachtens wie eine Mischung aus Elfe und Wasserleiche aussieht. Ich bin solchen Cosplay-Geschichten gegenüber prinzipiell nicht abgeneigt, soll jeder machen, was er will. Außerdem kann man und frau nicht abstreiten, dass das durchaus schick aussehen kann. Aber wir hatten geschlagene 9 Stunden Busfahrt vor uns. Das hat nichts mehr mit Fanatismus zu tun. Das ist schlichtweg bescheuert. Ich persönlich schaffe es allerhöchstens drei Stunden in High-Heels und unbequemer Abendgarderobe, und das auch nur, wenn es unbedingt sein muss. Mein Herz für Geeks ist aber dermaßen groß, dass ich dadurch eigentlich nur noch gespannter auf den weiteren Verlauf der Reise war.

original got costumes
GoT-Exhibition Berlin (Silvia Danninger)

Nerdism.

Als wir nach desorientierenden und verwirrenden vier Folgen der fünften Staffel und einigen wenigen Schlafstunden später ankamen, mussten wir das erste Mal warten. Da die Ausstellung mithilfe von Timeslots geregelt wurde und unser Zeitraum (11-12 Uhr) erst in knappen zwei Stunden war, bewegte sich die Horde in Richtung des nächsten Cafés. Dort begann das Spektakel. Ich zitiere nur ein paar wenige Passagen:

„Wenn jemand zu mir sagt; oh ich liebe Game of Thrones, frage ich erstmal; Hast du die Bücher gelesen? Ja? Wer ist John Snows Mutter?“, „Das heißt sie ist in Wahrheit zu fünfzig Prozent … und zu fünfzig Prozent ….?“, „Neeeeiiiiin! Die beiden sind in Wahrheit Geschwister??“, „Denk mal drüber nach warum XY die ganze Zeit YZ verteidigt! – Weil er kein Bastard ist in Wahrheit! Er hat doch ein violettes Auge! Das ist doch glasklar!“ usw, usf. Nach einem verzweifelten und übernächtigem Blick in Richtung meines Begleiters, der nur schulterzuckend zu verstehen gab, dass er selbst keine Ahnung hatte (obwohl er alle Episoden gesehen hat), gab ich es auf, interessiert zu wirken und begann die Menschen zu beobachten, den Kopf leicht zur Seite zu neigen und jeweils demjenigen in die Augen zu sehen, der gerade sprach.

Ich nickte teilweise brav und unterhielt mich später lieber über die wahnsinnige Existenz von zwölf-Zentimeter-Absätzen, echter Geschichte, Sexismus in Videospielen und anderen Themen. Bisher ist es noch niemandem aufgefallen, dass ich keinen blassen Schimmer hatte.

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Frühstück mit Fans, die glauben zu wissen, wer John Snows Mutter ist! (Quelle: Silvia D.)

Die Ausstellung.

Nun zur Exhibition selbst; meh. Ich muss ehrlich sagen, wenn ich die Reise mit Hintergrundwissen, Fanatismus, finanziellem Aufwand und ohne Bier bestritten hätte, ich wäre nicht ernüchtert, sondern schwer enttäuscht wieder herausgekommen. Es gab Großaufnahmen der einzelnen Charaktere auf Leinwand, zwei „Thrones“, auf denen man posieren konnte, andere Requisiten, wie Kleider und Dracheneier, eine fünf Sekunden Greenwall-Dragonattack-Action, eine Whitewalker (ich bin ja lernfähig) – Transformation und eine Oculus-Rift-Experience. Letztere war für mich persönlich das Highlight; das Ganze dauerte zwar nur eine knappe Minute, war aber die 20 Minuten Schlangestehen völlig wert (im Gegensatz zur Wartezeit vor einem Plastiksessel aus Schwertern, bei denen ich das Foto auch noch selbst machen musste oder selbiger vor dem Shop, der sich am Ausgang befand. Wartezeit vor einem Merchandise-Stand? Ernsthaft?).

oculus rift wall
Auf die Wall mit Oculus Rift (Quelle: Silvia D.)

Restlicher Tag – Berlin, Neukölln.

Jedenfalls hat es eine knappe Stunde (inklusive Anstehen) gedauert bis wir wieder draußen waren und alles gesehen hatten. Ich persönlich hatte kein Problem damit, aber selbst mein Begleiter meinte, es gäbe keinen triftigen Grund, noch länger hier zu verweilen. Also machten wir uns auf ins echte Leben, genauer gesagt nach Neukölln, in mein persönliches Schlaraffenland, das mit Schokocroissants um einen Euro lockt und architektonisch ein wenig wie Bad Ischl aussieht, wenn man den Blick vom Kebap-Stand etwas weiter hoch schweifen lässt. Dort tranken wir die neueste Szenelimo aus nächstgelegenem Späti und schlenderten Richtung superorigineller, hipsteroverflow-Dachterrasse, auf der fünfzig verschiedene, völlig unnötige Kräuterpflänzchen und ein Fotoautomat die Aussicht verschönerten. Die Skyline war trotz mäßig schönem Wetter und überteuertem Bier wirklich sehenswert (Klunkerkranich in den Neukölln Arcaden). Anschließend schlugen wir uns den Magen mit Süßgebäck voll, das Preis-Leistungsmäßig unübertreffbar ist. Mit meinen verbliebenen drei Euro war ich quasi Queen in the castle.

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Neukölln sieht ein bisschen aus wie Bad Ischl (Quelle: Silvia D.)

Das wars dann eigentlich auch schon wieder. Um acht trafen wir uns zur Abfahrt, frühmorgens um fünf kamen wir an. Ich persönlich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich mit Game of Thrones beginnen soll, das bisher Gesehene hat mich nicht überzeugt, aber vielleicht werde ich mir in einem schwachen, langeweilegetränktem Moment in den Sommerferien die ersten paar Folgen der ersten Staffel ansehen.

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