Mad Max: Fury Road: Einmal mit alles und mit extra scharf

Nach über 20 Jahren geht die Mad Max Saga weiter, ebenfalls mit Franchiseerfinder George Miller auf dem Regiestuhl und diesmal Tom Hardy in der von Mel Gibson berühmt gemachten Rolle. Viele waren skeptisch, andere erwarteten sich nach den großen Trailern das Actionskeptakel des Jahres. Ich habe ihn gesehen und kann verraten: Rost, Autos, Waffen und sehr viel Blut sind die Hauptingredienzen einen guten Actionfilms...
Mad Max: Fury Road
Mad Max: Fury Road (foto: warner bros.)

Nach über 20 Jahren geht die Mad Max Saga weiter, ebenfalls mit Franchiseerfinder George Miller auf dem Regiestuhl und diesmal Tom Hardy in der von Mel Gibson berühmt gemachten Rolle. Viele waren skeptisch, andere erwarteten sich nach den großen Trailern das Actionskeptakel des Jahres. Ich habe ihn gesehen und kann verraten: Rost, Autos, Waffen und sehr viel Blut sind die Hauptingredienzen einen guten Actionfilms…

Als im Trailer zu Mad Max: Fury Road George Miller als Meisterregisseur angeführt wurde, war ich anfangs skeptisch, dass der Mann, der Schweinchen Babe in der großen Stadt verbrochen hatte, nun als Meister gefeiert wurde. Als er im Presseheft schon im ersten Satz als der „Erfinder des postapokalyptischen Genres“ bezeichnet wurde, wuchs meine Skepsis selbstverständlich noch mehr. Vielleicht hatte dies auch damit zu tun, dass der erste Mad Max Film einer der wenigen großen Sci-Fi Filme der Siebziger Jahre ist, den ich mir nicht bis zum Ende ansehen konnte (weil ich ihn zum Einschlafen langweilig fand), obwohl ich ja ansonsten ein großer Liebhaber dieser Epoche im Science Fiction Genre bin, das in dieser Zeit meiner Meinung den Höhepunkt erreichte, doch dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

Mad Max: Fury Road beginnt fast wie das Intro eines Videospiels, bei dem man in fünf Minuten schon einiges über die Welt erfährt. Rasanter Anfang und dann geht die Handlung mit Charakterzeichnung und den obligatorischen „Ich heiße so und ich heiße so“-Dialogen los – so erwartet man es zumindest. Doch je mehr man in Millers Strudel aus Schmutz, Sand und Blut gezogen wird, merkt man, dass die übliche Handlung mit der 08/15 Dramaturgie nicht beginnt. Die rasante Action, die man hier sieht, ist die Handlung und Miller schafft es, diese Hochspannung bis zum Schluss adrenalingeladen und immer spritzig zu gestalten. Den Figuren und den Zuschauern wird fast keine ruhige Minute gegönnt. Und das ist auch gut so.

Mad Max: Fury Road
Mad Max: Fury Road (foto: warner bros.)

Miller versucht nicht einmal, seine toll inszenierte Actionstory mit dem ganzen Pathos und der immer gleichen Dramatik auszustatten, die Hollywood seit schon einigen Jahren heimsucht, nein, mit Mad Max: Fury Road sieht man endlich einen Studiofilm, der kompromisslos die Vision seines Regisseurs durchzieht. Die Charaktere und deren Welt sind schön over-the-top, wie in einem Metal Hurlant Comic. Der Film ist konsequent in seiner über-stilisierten Lächerlichkeit, obwohl ich hier der Ansicht bin, dass der englische Begriff ridiculousness weniger negativ klingt und man sich diesen vor dem geistigen Auge halten sollte.

Tom Hardy als neuer Max Rockatansky ist düster, „gritty“, fu**** up und brutal, hat eine tolle Leinwandpräsenz und spielt eine vollkommen überflüssige Rolle. Denn die Handlung würde auch fast genau so verlaufen, wenn seine Figur nicht auftauchen würde. Macht nix, denn in Mad Max: Fury Road ist alles, das in ernsten Filmen ein Verbrechen wäre, vergeben. Dies nicht zuletzt wegen der großartigen Charlize Theron, die die bezeichnende Rolle der Imperator Furiosa mimt. Sie ist hart, tough, lässt sich nichts gefallen und erinnert dabei an die weiblichen Actionstars vergangener Jahrzehnte. Da fragt man sich doch, wo in den letzten Jahren starke und coole Frauen in solchen Filmen waren, wenn man es schon in den Achtzigern schaffte, Powerfrauen wie Ellen Ripley oder Sarah Connor in Mainstream-Kinohits als Hauptfiguren zu haben. Mad Max: Fury Road ist in diesem Sinne auch ein Throwback, der Fans der politisch inkorrekten, rasanten und unverschämt brutalen Streifen aus dieser Zeit eine Freue bereiten dürfte.

Mad Max: Fury Road (foto: warner bros.)
Mad Max: Fury Road (foto: warner bros.)

Das Produktionsdesign ist angefangen von den authentischen Kostümen, den DIY Waffen bis zu den abgefuckten Fahrzeugen durchgehend großartig, ebenso wie die sehr intensive und immersive Bildgestaltung und Kamera von John Seale. Allein die Musik von Tom „Junkie XL“ Holkenborg ist der übliche Actionaufguss, den man in so ziemliche allen Filmen dieser Art hört, seit Hans Zimmer (oder besser gesagt seine weniger begabten Protegés) so ziemlich alle Studioorchester übernommen haben. Junkie XL, der schon bei 300: Rise of an Empire relativ uninspiriert daherkam, kann auch hier nicht überzeugen. Für den Score hätte man auf den Retrosound zurückgreifen sollen und vielleicht einen der mittlerweile weniger bekannten Komponisten der 80er und 90er heran lassen sollen, Leute wie Brad Fiedel oder Graeme Revell, die dringend einen Karriereschub brauchen, hätten sicher mehr Ideen einbringen können.

Mad Max: Fury Road ist ein Film, der dem Wort „rasant“ eine neue Bedeutung gibt oder diese zumindest wieder so definiert, wie es sein sollte – man kommt kaum zum Schnaufen, das Hirn schaltet sich aus und man ist mit vollem Herzen dabei, wenn sich die Figuren gegenseitig durch die Wüste jagen. Das schöne ist, dass es George Miller bis zum Ende durchzieht und einen Film macht, der sich anfühlt, als hätte man vor 20 Jahren schon die Technologie von heute zur Verfügung gehabt. Mad Max: Fury Road übertraf meine Erwartungen bei weitem. Der Film ist einmal mit alles und mit extra scharf. Prädikat: Leider geil.

Mad Max: Fury Road
Regie: George Miller
Drehbuch: George Miller, Brendan McCarthy, Nico Lathouris
Cast: Tom Hardy, Charlize Theron, Nicholas Hoult, Rosie Huntington-Whiteley, Hugh Keays-Byrne
Verleih: Warner Bros.
FSK 16 Laufzeit 120 Minuten
Startdatum: 14.05.2015

Written By
More from Phil Heron
The Neon Demon – Mörderische Schönheit
Spätestens seit seinem internationalen Durchbruch Drive ist Nicolas Winding Refn nicht mehr...
Read More
Join the Conversation

4 Comments

  1. says: Jo

    „Der Film ist einmal mit alles und mit extra scharf. Prädikat: Leider geil.“ – treffender kann man es nicht ausdrücken. Volle Zustimmung!

  2. says: Alex

    Coole Rezension. Ich war ziemlich skeptisch, ob ich den Film überhaupt sehen will – Mad Max, Mel Gibson, oh Mann, Mel Gibson!! — man denkt an die aramäischen Messen und den ultrareaktionären Stuff, den er von sich gibt – seit in etwa Braveheart und dann, ich nenne diesen Film nicht, hat aber mit Kreuzen zu tun — aber deine Rezension hat mir Lust gemacht, ins Kino zu gehen. Das ist doch was! Vielleicht denke ich jetzt mehr an die Musik als an den jungen Mel Gibson und frage mich, wie konnte aus einem Actionhelden nur so ein Trottel werden. Kompliment. Toll geschrieben. Ich schicke dir meine Kinokarte als Anerkennung.

Leave a comment
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert