Ferienlager-Zeit ist die schönste Zeit des Jahres. Beim jährlichen AMAZE im Herzen Berlins können Spielebegeisterte genau das jedes Jahr erleben. Ein bisschen chaotisch, trotzdem lehrreich aber vor allem liebevoll hebt es sich von Quo Vadis und Game Fest ab. Zusammen ergeben sie die jährliche international Gamesweek.
Für die meisten gehört die AMAZE, das Festival für Independent Games, fest in die Jahresgestaltung. Die Ferienlager-Analogie ist schon insofern nicht so weit hergeholt, hat man doch neben den Programmpunkten vor allem Zeit, die Freunde und Bekannten zu treffen, die man sonst nie sieht. Eben nur auf der AMAZE. Und die wächst stetig, möchte man schätzen. In diesem Jahr gesellte sich eine Neue Heimat dazu, in der man einer spannenden Auswahl von Talks lauschen konnte. Wie dem Plausch von Leigh Alexander und Rami Ismail über die aktuelle Indie-Szene und ihr wunderbares Wachstum, ihre Diversität und die kulturelle Explosion, die sie durchlebt: „Everything is possible“!
Highlights waren vor allem die sehr persönlichen Momente von Nina Freeman, die ihre Ängste in kreativen Spielerfahrungen verarbeitete oder Christos Reid, der versuchte OCD in Form von Videospielen verständlich darzustellen. Zu diesen emotionalen Momenten reihten sich amüsante und inspirierende Talks – allen voran Holly Gramazios „Strange Pixellated Genitalia for Beginners“, die der wahnwitzigen Zensur von Pornografie in Großbritannien den Kampf ansagt und das in ein: „Das darfst du zeigen und das nicht“ Spiel mit dem simplen Titel: Pornografie For Beginners packte.
Die Ausstellung bot, wie in jedem Jahr, einen fantastischen Einblick, wie innovativ, kreativ und leidenschaftlich Entwickler_innen ihre Ideen umgesetzt haben. Man kann in einem einzigen Text diesem riesigen Wunderkabinett nicht gerecht werden und trotzdem habe ich einmal einige meiner Highlights herausgepickt:
Nicht ohne Grund hat dieser eindimensionale Dungeon Crawler, der auf einer LED Leiste gespielt wird, gleich zwei Awards mit nach Hause genommen. Einem anfänglichen „Was ist das und wie soll das gehen“ folgt häufig ein „Oh mein Gott, wie genial! Ich will das!“. So ist es auch nicht ganz einfach, das Spiel zu beschreiben. Man nutzt den Controller, um als Lichtpunkt eine LED Leiste entlangzulaufen. Gegner wehrt man ab, indem man den Controller schnell hin und her… wobbelt. Man hat recht schnell den Dreh raus und dann warten die richtig harten Level. Wer Line Wobbler irgendwo begegnet sollte es unbedingt ausprobieren!
Das Ausmalspiel für Große. Das Mobile-Game enthält den Katalog von Tee Corinnes Vulva-Zeichnungen zum Ausmalen und Erkunden. Dazu stöhnt die Vagina, wenn man an der richtigen Stelle reibt. Besonders spannend wird es in Gruppen: Verhaltensweisen beim kollektiven Cunt-Coloring zu beobachten ist fast spaßiger als selbst zu spielen.
Der Lokal-Multiplayer war schon letztes Jahr ein Publikumsmagnet und konnte auch heuer wieder begeistern. Ein wenig ausgefeilter sind die knubbligen Wrestle-Gummibärchen in Optik und Handling geworden. Am Prinzip hat sich jedoch nichts geändert: Es wird sich gnadenlos durch verschiedenen Szenarien getreten, gezerrt und geschubst bis nur noch einer übrig bleibt.
Keep Talking and Nobody Explodes
Es muss eine Bombe entschärft werden! Dabei sitzt Spieler_in #1 mit einer VR-Brille vor einer virtuellen Bombe und muss Spieler_in #2 diese sehr exakt beschreiben. Die – sehr umfangreiche – Bedienungsanleitung verrät Spieler_in #2 dabei, was zu tun ist um eine Katastrophe zu verhindern und Spieler_in #1 sicher aus der Gefahrenzone zu bringen. Hier ist Kommunikationsgabe und schnelle Reaktion gefragt.
Die Gewinner der diesjährigen AMAZE Awards:
The Most Amazing Game Award: Curtain (Dreamfeel)
Human Human Machine Award: Crawl (Powerhoof)
WTF?! Award: Line Wobbler (Robin Baumgarten)
Other Dimensions Award: Pixel Ripped (Ana Ribeiro)
Audience Award: Line Wobbler (Robin Baumgarten)