Multiverse Mania: Die Mumie und Freunde

Nichts kann mehr für sich allein stehen. Jeder Verleih darf mal in die Krabbelkiste greifen und gucken, was noch übrig war, beim Rechte-Wichteln. Universal hat sich unter dem Namen „Dark Universe“ sämtlichen Gothic Horror (und ähnliches) gekrallt und mit Die Mumie die sicherste Option für einen Start von einer ganzen Reihe Monster-Film-Action ausgesucht. Naja. 

Die erste Mumie (Imhotep) war Boris Karloff, 1932. Daran werden sich allerdings deutlich weniger Menschen erinnern als an Brendan Frasers Auftritt 1999 (fand ich super), 2001 (fand ich auch noch super, aber da war ich auch 12 und überhaupt: seither ist The Rock Schauspieler!) und über das, was 2008 geschah, sprechen wir nicht mehr. Geschichtsstunde vorbei: Knapp zehn Jahre ohne Mumie ist wohl länger, als die anderen Monster auf dem Paycheck ohne Leinwand-Auslauf auskommen mussten. Deswegen ist das die Nummer eins – die Zielgruppe kennt die alten Filme vermutlich sowieso nur peripher. Ich gebe den Plot, weil er sehr doof ist, nun so wieder, wie ich ihn empfunden habe.

Da stehen wir also in Mesopotamien und hören Russel Crowe zu, wie er uns Geschichten erzählt von Prinzessinen, Göttern und Flüchen. Schauen dann der bezaubernden Sofia Boutella dabei zu, wie sie sich ein extravagantes, hot sexy evil Make-Over von Obergott Seth holt. Und dann sind wir auch schon in der Gegenwart, mit Tom Cruise und dem einen lustigen Goofy-Guy von New Girl. Keine Ahnung, wie seine Figur heißt, vor allem weil Tom Cruise Nick heißt und in New Girl heißt der andere Nick und – so wichtig ist er nicht. Dann wird auch schon geschossen, von ISIS auf unsere beiden neuen Freunde und alte ägyptische Statuen. Der New Girl Nick fällt dann in ein großes Loch.

Auftritt: Generische, eindimensionale Frauenfigur mit Archäologiehintergrund. Sie ist blond, heißt Jenny und ist traurig, dass Tom Cruise nur einmal Sex mit ihr hatte und dann gegangen ist, obwohl sie dachte, es wäre besonders. Tommy und Co klettern ins Loch, finden Ahmanet (die Mumie) und wecken sie aus ihrem Quecksilberbad. Sie pickt sich Tom als Auserwählten aus, um Seth einen Körper zu geben. Dafür muss sie sich auf ihn setzen, einen Stein in einen Dolch stecken, und ihn dann abstechen – Beischlaf ist an dieser Stelle optional. Derweil bleibt Nick, also Tom, unsterblich, der andere Nick, also sein Freund, stirbt an einem Spinnenbiss (warum nicht Skarabäen, wie sonst auch? Warum Spinnen?) und wird erst Zombie, dann Comic-Relief-Geist. Ernsthaft, warum ist der da? Er hat keinen Namen und er ist nicht lustig. Long Story Short: Amaneth schmust ein bisschen mit allen Wachmännern und Polizisten, bis sie wieder hübsch und fresh ausschaut und eine Zombie Armee hat. Sie bitchslapt Tom permanent, guckt böse und macht Sand aus Glas, weil sie kommt aus Ägypten und da gibts Sand. Dr. Jekyll zeigt Tom sein Untergrund-Illuminaten-Labor, in dem wir Vampirschädel, eine Hand aus der Black Lagoon und das Buch der Lebenden sehen, nur damit alle wissen, dass hier alles verbunden ist. Dann kämpfen und rennen und reden und rennen und schreien und rennen alle und hacken Zombies kaputt. Aus.

Soweit mal der Inhalt. Es passiert nicht sehr viel, alles ist vorhersehbar und langatmig. Man muss hier wirklich ganz gutmütig sein um eine Überraschung zu finden. Das ist schade, aber dann auch wieder gar nicht das Schlimmste. Das Problem von Die Mumie ist, dass der Film nicht weiß, was er sein will. Es wird ein wenig Abenteuer, ein wenig Horror, ein bisschen Comedy rein geworfen, ohne dass es ausbalanciert oder rund wirkt. Wenn ich mal lachen musste, dann weil ich mich geschämt habe. Es hat zwar alle Elemente, die mal einen Monster Film ausgemacht haben,  aber sie haben sich eben nicht vermengt. Ich geb meinen Gästen ja auch nicht ne Schüssel Mehl an der Türe, werfe Butter und Zucker rein und hau ihnen zwei Eier über den Kopf. Ist zwar alles da, ist aber eben kein Kuchen.

Und so fühlt sich Die Mumie an. Unfertig. Die obligatorische Romanze mit Jenny haben sie sich scheinbar bei Specter abgeschaut, denn es macht keinen Sinn, dass hier die große Liebe entsteht. Jenny ist nervig, langweilig und doof. Der einzige Grund, warum ich noch ihren Namen weiß, ist, weil ihn zu schreien 50 % von Tom Cruise Part ausmachten (der Rest war vor allem eine Variation an ausdruckslosem Starren). Jennys Part hingegen war es zu sagen: „Da ist etwas Gutes in dir…bla bla bla blubb blubb“. Hm, eigentlich nicht so wirklich und du wirst es nicht wissen, weil du warst einmal mit ihm im Hotelzimmer. Das wiederholt sie dann über die zwei Stunden Laufzeit, immer und immer wieder. Die Mumie und Tom haben nach 30 Sekunden dreimal so viel Chemie wie Jenny und er. Ich hätte es vollkommen verstanden, wenn er gesagt hätte: Schau, du bist eh nett, aber das ist eine heiße, bad-ass Magic-Lady, ich probier’s mal mit ihr und übernehme die Weltherrschaft, kay, sorry, bye! Dafür sind dann immer mal wieder ein paar Sachen anders als erwartet und dann schläft man auch nicht ein. Zum Beispiel wird Jekyll/Hyde echt positiv unspektakulär inszeniert und funktioniert tatsächlich ganz gut als guter/böser Drahtzieher.

Was ich mochte, war das Setdesign, denn es wirkt extrem künstlich – was, warum ist das gut? Weil es zum Genre passt. Die engen, nebligen, unechten Kulissen-Straßen in London, die so gar nicht existieren können, haben einen ganz besonderen Charme, sind auf ihre ganz eigene Art und Weise unheimlich, wie eine Traumwelt. Boutellas Kostüm ist ebenfalls super, die doppelten Augen, die mit Schriftzeichen übersäte Haut bilden einen sehr neuen Look. Wie schon in Star Trek Beyond und Kingsmen geht sie völlig in ihrer exotischen Rolle auf und als Profitänzerin hat sie keine Probleme mit Verrenkungen. Sie ist zudem bis zuletzt vollkommen übermächtig, klatscht ihre Gegenspieler mühelos aus dem Bild und hat eigentlich meistens alles unter Kontrolle. Die Entscheidung, Ahmaneth, nicht Imhotep, zu wählen ist komplett aufgegangen.

Recht sauer aufgestoßen hat mir das Ende (von Ahmanet). Wers nicht wissen will, überspringt den Rest des Absatzes. Nachdem Seth-Nick mehr Macht hat als Ahmanet, küsst er sie quasi tot, während sich ihr kompletter Körper verkrampft und sie sich vor Schmerzen und Todesangst windet. Da muss ich sagen, da hatte ich nicht so viel Spaß beim Zuschauen, das war schon sehr unangenehm für einen Film, der sonst komplett seicht in „FSK12“ herumschippert. Gleichzeitig… das mit dem Kuss-Tod ist schon auch Mummy-Style, sie macht das ja auch nicht anders um Energie zu gewinnen. Das ist schon richtig. Die in meinen Augen viel zu explizite Darstellung hebt sich davon aber deutlich ab und ist komplett daneben.

Also, wo Mumie drauf steht ist DIE Mumie drin: Wir haben heuer schon sehr viel schlechtere Filme gesehen und wenn man bisschen auf dieses Monster-Gekasper steht, Sofia Boutella mag und warten kann, bis es irgendwo mal auf einer Streaming Plattform landet, kann sich das schon mal anschauen. Gerade, wenn man Sonntags nur so rumliegt. Wer unbedingt ins Kino will, der soll sich ernsthaft lieber Pirates of the Caribbean 5 oder King Arthur anschauen – ähnliches Genre, deutlich besser gemacht.

Die Mumie
Regie: Alex Kurtzman
Drehbuch: Jon Spaihts, Christopher McQuarrie
Cast: Tom Cruise, Sofia Boutella, Russel Crowe, Annabelle Wallis

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