Nachdem den großen US Studios die originellen Ideen scheinbar ausgehen, müssen nun fragwürdige Fabelwesen aus dem „fernen Europa“ herhalten. Wie sie ausgerechnet auf Krampus kommen ist mir noch unklar. Fakt ist, es gibt noch keinen Hollywood Film über ihn, das muss als Grund einfach mal ausreichen. Vielleicht war auch Christoph Waltz mit seiner Erklärung bei Jimmy Fallons Tonight Show daran Schuld.
Eine ausführliche Recherche über den zotteligen Finsterling dürfte offensichtlich nicht im Budget eingeplant gewesen sein, aber vielleicht ist das auch besser so. Anspruch auf „Wahrheitsgehalt“ ist bei diesem Film sowieso überflüssig, immerhin verkaufen sie es ja nicht als Bio-Pic oder „based on a true story“.
Wennst nicht brav bist,
… kommt Dich der Krampus holen und steckt Dich in seinen Sack“. Also ich weiß ja nicht, wie brav ihr so ward, als ihr noch an das Christkind und den Nikolo geglaubt habt, aber ich hab diesen Satz schon so ein bis zwei – ok ich gebe es zu – mehrmals gehört. Die schlimmste Strafe war es allerdings, statt Schokolade oder anderen Leckereien, tatsächlich nur Mandarinen und Erdnüsse im Sackerl vorzufinden. In Krampus wird das mit der Tradition, so wie wir sie kennen, oder besser gesagt fürchten, nicht so genau genommen. Dort tritt er nicht im Schatten des Nikolos auf, denn der lässt sich weit und breit nicht sehen. Auch im Datum hat er sich etwas geirrt, denn im verschlafenen kleinen Nest in „Irgendwo in Amerika“ taucht der Teifl am Weihnachtsabend auf.
Zugute halten muss man dem Film jedoch, dass es sehr wohl einen Österreichbezug gibt. Die Wiener Schauspielerin Krista Stadler spielt die österreichische Film-Omi, die in der deutschen Synchronisation einen entzückenden Vorarlberger Dialekt spricht. Damit sie authentisch rüber kommt, gabs extra ein Sprach-Coaching, von keinem geringeren als Reinhold Bilgeri, die älteren früher geborenen werden ihn vielleicht noch aus der Hitparade der 80er kennen („Some Girls are Ladies“). Sie ist auch die einzige der Familie, die weiß wer oder was ein Krampus ist, denn sie trägt ein gut gehütetes Geheimnis mit sich rum.
Nachdem das Weihnachtsfest in vielen Filmen ja schon als perfektes Szeniaro für Familien-Dramen oder ultralustige Komödien verwendet wurde, war es eh nur eine Frage der Zeit, bis es auch mal wieder ein bisschen gruselig wird. Ich würde Krampus somit genremäßig als Grusel-Comedy einordnen.
Für Tom (Adam Scott) und Sarah (Toni Collette) ist jedes Weihnachtsfest mit der schwer disfunktionalen Familie, die 6-köpfig anreist, ein Horror. So sind sie auch dieses Jahr wieder Gastgeber wider Willen und müssen sich der Invasion der rüpelhaften Schwager-Familie ergeben. Ihr Sohn Max möchte noch so gern an den Weihnachtsmann glauben, denn so lange man noch an ihn glaubt, gibt es die besten Geschenke. Jedoch machen seine fiesen Cousinen ihm das wirklich schwer. Max zweifelt am Sinn von Weihnachten und zettelt so vermutlich die Krampus Apokalypse an. Die Nacht verdunkelt sich, der Strom fällt im ganzen Ort aus und ein Blizzard macht die Flucht nahezu unmöglich, perfektes Set-up: Auftritt Krampus!
Krampus and his evil sidekicks
Nach und nach werden also die „schlimmen“ Kinder von Krampus und seinen Helfern geholt, die absolut widerwärtig aussehen und definitiv so nicht in unseren Märchenbüchern vorkommen. Dazu zählen unter anderem ein fetter Clown-Wurm(?), der Kinder frisst – und meine eben erst behobene Clown-Phobie aus Stephen Kings Es wieder frisch aufleben ließ – eine gruselige, einäugige Puppe mit Flügeln, die sich in ihren Opfern verbeißt und obwohl sie schon ziemlich tot aussieht, nicht umzubringen scheint und meine absoluten Favoriten, die Gingerbread-Männchen – ja auch Kekse können böse sein! (Spätestens beim Anblick der Waage nach Weihnachten ist das sowieso allen klar.)
Für einige Lacher sorgt auch Tante Dorothy (Conchata Ferrell), die vielen aus der Serie Two and half Men bekannt sein wird. Für sie ist klar, dass Weihnachten nur mit Alkohol zu überleben ist. Durchaus auch eine Empfehlung für den Film. Ich sage nicht, dass der Film schlecht ist, aber man sollte sich auch nicht zu viel erwarten. Alle, denen nicht nach Friede-Freude-Eierkuchen-Weihnachtsfilmen ist und die Horror und Comedy a la Gremlins mögen, werden ihren Spaß schon finden. Für Eltern mit schlimmen Kindern vielleicht auch eine Option…
„Wertung: 6 von 10 Gingerbread Männchen“
Krampus
Regie: Michael Dougherty
Drehbuch: Todd Casey, Michael Dougherty, Zach Shields
Cast: Emjay Anthony, Adam Scott, Toni Collette, Krista Stadler, Conchata Ferrell, Allison Tolman, David Koechner
Verleih: Universal Pictures Int.
Laufzeit: 95 Minuten, FSK: ab 14 Jahren, Startdatum: Österreichstart 3.12.15