Wir waren auf der Viennale 2016 und haben uns so viele Filme, wie möglich angesehen – hier unsere Kurzreviews zu den Spielfilmen, morgen folgt unsere Meinung zu den Dokus!
Arrival (ausführliches Review in Kürze hier)
Arrival von Denis Villeneuve, der uns den fantastischen Sicario bescherte, ist ein durchaus unterhaltsamer Scifi-Thriller, der es schafft, Sprachwissenschaften spannend umzusetzen. Und das ist tatsächlich eine Leistung – ich habe Germanistik studiert, ich weiß, wovon ich spreche. Der Twist ist überraschend und clever, das non-lineare Storytelling ein smarter Kniff. Amy Adams spiel Dr. Louise Banks, die beim Fist Contact mit einer extraterrestrischen Lebensform für die US Regierung eine gemeinsame Sprachebene finden muss, um kommunizieren zu können, bevor weltweit ein Krieg ausbricht. Arrival ist durchaus geschickt und spannend erzählt, schafft es allerdings nicht über Stereotypen herauszukommen: Die Amerikaner sind gut (aber nicht die Militärs, die sind streng), die Russen und die Chinesen sind kriegerisch und böse. Amy Adams trägt als sehr gute Schauspielerin eben mit ihrer Hauptrolle auch den kompletten Film ganz allein. Einem Jeremy Renner nimmt man einfach den schlauen Physiker nicht ab. Dem nimmt man nicht mal ab, dass der schon mal ein Buch richtig rum gehalten hat. Macht aber schon deshalb eigentlich keinen Unterschied, weil er einzig und allein dazu da ist, Amy Adams einen schönen Plottwist zu bescheren am Ende – der ist zwar nett, aber ungefähr so glaubwürdig wie Renners Figur. Schade drum.
Under the Shadow
Der iranische Horrorfilm von Autor Babak Anvari ist eine fantastisch erzählte, extrem gruselige und spannende Anti-Kriegs-Geschichte, die die traumatischen Erlebnissen in Teheran thematisiert und gleichzeitig die sehr persönliche Geschichte einer Frau ist, die für alles nicht gut genug zu sein scheint: das Studium wird ihr versagt und sie wird immer wieder mit ihrer Rolle als Mutter konfrontiert, in der sie sich selbst am stärksten kritisiert. Der Film bewegt sich irgendwo zwischen Moderne und Tradition, es fühlt sich jedoch so an, als würde die Tradition schlussendlich gewinnen und die Moderne verlieren, deutet man den Schluss zumindest so, wie ich ihn gedeutet habe. Wenn man den Horror und die permanente Anspannungen, die dieser Film für mich mitgebracht hat, abklopft, bleibt ein aus feministischem Standpunkt zumindest fragwürdiger Film übrig, der eine Frau dafür bestraft, dass sie sich politisch engagiert und Religion und Tradition nicht als Lebensinhalt hat. Hm.
The End
Nunja. Man schaut Gerard Depardieu dabei zu, wie er 1,5 Stunden schimpfend durch den Wald rennt. Es klingt jetzt nicht super unterhaltsam – überraschenderweise ist es das aber. Depardieu kann so alt und schwergewichtig sein, wie er will: Er ist und bleibt ein herausragender Schauspieler und das stellt er in diesem, wirklich nicht einfach zu stemmenden, Stück ein weiteres Mal unter Beweis – ob allein, oder zusammen mit Audrey Bonnet, er schafft es den kompletten Film zu tragen, ihn spannend werden zu lassen und Empathie für den geschundenen Jäger den er mimt, beim Publikum hervorzurufen. Respekt dafür. Der verirrte Wanderer in einem märchenhaften, unendlichen, einsamen Wald, der die menschliche Nähe sucht, transportiert viel Traurigkeit und Melancholie. The End ist weitaus weniger anstrengend, als er klingt.
La La Land
„Solche Filme werden nicht mehr gemacht, heutzutage.“, das war mein erster Gedanke. Das hat normalerweise einen Grund, nämlich, dass sie nicht mehr funktionieren. La La Land belebt Filme wie Casablanca wieder, der wohl am häufigsten und am deutlichsten (und gefühlt ständig) zitiert wird. Glücklicherweise interessiert es Damien Chazelle (Whiplash. Fucking Whiplash! Ich sags nur…) reichlich wenig, was man noch macht und was nicht und deswegen dürfen wir abtauchen in ein opulentes, bezauberndes Jazzmusical mit eingängigen Songs (okay, zwei eingängigen Songs, aber damit bin ich zufrieden) und ganz viel Herz und Herzschmerz und – vielleicht am wichtigsten – Ehrlichkeit. Man kann nicht immer alles haben und manchmal ist es okay, wenn Dinge ein Ablaufdatum haben – deswegen sind sie nicht weniger wert. Es hilft auch, dass Ryan Gosling und Emma Stone die Hauptrollen spielen, denn man kann sie einfach nur herzig finden. „City of Stars“ wird euch noch eine Weile begleiten, wenn ihr diesen Film gesehen habt, ich summe ihn jedenfalls immer noch.
Te Gong Ye Ye (The Bodyguard)
Samo Hung als Kampf-Opa: Was soll man da noch groß hinzufügen? Der neueste Film der Kung Fu-Legende wird als Martial-Arts Hongkong-Movie verkauft, aber tatsächlich ist Te Gong Ye Ye ein sehr nachdenklicher, liebevoller Film über Einsamkeit im Alter, über Schuld, Vergebung und Verlust. Die Kampfszenen sind ein schön gemachter, unterhaltsamer Zusatz zu einem wirklich einfühlsam erzählten Film über einen Ex-Bodyguard, der einst nicht auf seine eigene Enkelin aufpassen konnte und jetzt zusammen mit der Nachbarstochter gegen die Altersdemenz ankämpft. Hach. Die Kampfszenen, von denen es weit weniger gibt, als der Trailer und weismachen wollte, sind erwartungsgemäß dynamisch und kurzweilig, und sorgen zwischendurch für einige Lacher, die dem eigentlich recht emotionalen Grundton von Te Gong Ye Ye eine etwas leichtere Note geben. Der Film ist zwar eine Mogelpackung – aber eine, mit mehr Inhalt, als man erwartet hat.
Personal Shopper
Man weiß nicht so genau, was das eigentlich sein sollte. Irgendwas mit Geistern, Kirsten Stewards totem Bruder und einem Job, in dem sie teure Klamotten für die unerträgliche Nora von Waldstätten shoppen muss. Kirsten Steward, wie immer ihr unsicheres und rehäugig dreinschauendes Selbst, möchte die hübschen Kleider gerne anziehen, darf sie aber nicht, wie sie immer wieder betont. Der Film basiert dabei rein auf Stewards wirren, stierigen Blick und etwas merkwürdig übernatürlichem, dass über SMS kommuniziert, oder vielleicht auch nicht, wir werden es nie erfahren. Das wars dann auch schon. Langweilig ist er nicht, aber Regisseur Olivier Assayas scheint seine Geschichte nicht zuende gedacht zu haben. Er lässt scheinbar Dinge offen, die eigentlich erklärt wurden und lässt das Publikum einfach nur zerstreut zurück, anstatt zum Nachdenken anzuregen.