Zwei Filme, zwei Universen, zwei Meinungen: Aktuell laufen Thor: Ragnarok (Thor: Tag der Entscheidung) und Justice League in den Kinos und die Leute können einfach nicht aufhören, die beiden Filme zu vergleichen. So ein Schwachsinn. Deswegen gibt es hier 2 Kurzreviews und 1 Rant. Bitte!
Thor 3: Ragnarok
War okay. Als ich erfahren habe, dass Taika Waititi einen Thor-Film macht, habe ich mich natürlich unfassbar gefreut, denn ich liebe seine Arbeiten, allem voran What we do in the Shadows. Umso enttäuschender war es, dass der Film unterm Strich nur für ein herzliches Lachen gesorgt hat, der Rest war allerhöchstens kurzweilig. Waititi wurde offensichtlich an der kurzen Leine gehalten, die Handlung war belanglos und so absurd, komisch oder „abgefahren“. Und wie man es sich nach dem Trailer hätte wünschen können, war es einfach nicht. Man verwechselt nur leicht konzeptlos, wahllos und chaotisch mit: kranker Scheiß. Zugunsten einer sperrigen, umständlichen „Handlung“, deren reiner Zweck ihr Umfang und weniger ihr Inhalt war, wurden den Figuren jegliche Arten von Emotionen außer „verwirrt“, „beleidigt“ und „aua“ verwehrt. Nachdem achso viel Wert auf die erste weibliche Bösewichtin des Marvel Cinematic Universe gelegt wurden, wird in zwei Presseheft-Sätzen dargestellt, wie Marvel mit seinen Frauen umgeht: „Sie ist nicht nur wunderschön und all das, was wir von einer solchen Figur erwarten. Sie ist sexy, witzig, umwerfend und sie sieht einfach fantastisch aus.“ Wie sieht sie aus? Gut? Wie gut? Umwerfend. Okay. Zudem haben haben wir zwei Söhne, die ihren Vater verlieren und herausfinden, dass sie eine böse Schwester haben, die alles zerstören will, was sie lieben: Egal, Scherz. Wir haben einen Hulk, der plötzlich auf einem fremdem Planeten aufwacht und sich an nichts erinnert: Egal, Scherz. Wir haben Valkyrie, die nach einem brutalen Krieg zur Alkoholikerin geworden ist: Haha, witzig! Ein Volk verliert nicht nur seine Heimat, sondern die Grundlage ihrer kompletten Existenz: Hail to the King.
Obwohl ich es als ernüchternd erlebt habe, hat das mit meinen eigenen Interessen zu tun und im Vergleich zu den eher generischen Marvel Filmen hat man hier sicherlich ganz viel richtig gemacht und auch mal etwas ausprobiert. Außerdem macht Jeff Goldblum alles (ALLES) besser. Das scheint vielen zu gefallen. Man muss nichts denken, man muss nichts fühlen außer Spaß, man muss sich keinen Konsequenzen für irgendwas stellen. Und es kommt zwei Mal Immigrant Song von Led Zeppeln. Alle sind glücklich, verständlicherweise, Thor: Ragnarok will auch gar nichts anderes sein.
Justice League
War okay. Der Trailer sah nach schlimmem Verkehrsunfall aus und das war der Film nicht. Die Story war hier ein Mittel dazu, die Figuren sinnvoll zusammenzubringen und sollte jedem nicht nur einen Grund geben, dem Team beizutreten, sondern tatsächlich ihre Fähigkeiten einzubringen. Steppenwolf ist kein wirklich bedrohlicher Bösewicht sobald ****Spoiler**** Superman wieder lebt, aber das ist auch nicht seine Funktion. Seine Funktion ist es, die Justice League sinnvoll ins Leben zu rufen. Die Mitglieder dieser Gerechtigkeitsliga sind gemeinsam und einzeln sehr gut auf den Punkt gebracht. Einen Aquaman cool sein zu lassen ist allein schon ein Mammuthprojekt. Aber drei neue Figuren (Aquaman, Flash, Cyborg) schnell und wirksam einzuführen, so dass man Lust bekommt, mehr von ihnen zu sehen und sich auf ihre individuelle Geschichte freut, ist eine Leistung. Sieht man, dass eine Frau Amazonen besser inszeniert als ein Mann? Definitiv (und das ist sehr sehr ärgerlich. Ich hatte so gehofft, wir sind darüber hinaus, Diana beim Kampf unter den Rock zu gucken. Shame!). Stört der wegge-cgi-te Schnautzer von Henry Cavill? Manchmal. Ist die Handlung quatsch? Natürlich. Aber es geht wirklich nur um die Figuren. Es geht darum ob Batman ein altes Arschloch ist, wie Menschen sich zusammenraufen, anstatt dass jeder für sich alleine kämpft, es geht darum, dass der Planet Erde die Hoffnung verloren hat und wieder finden kann. Es geht um Rassismus, es geht um Außenseiter, es geht um Hass und es geht darum, sich und die Welt zu retten – also alles wie immer. Es ist schon fast widerlich, wie uns die Moralkeule in die Fresse geschlagen wird, ohne dann wirklich konsequent zu sein. Immerhin wurde einmal der Klimawandel angesprochen und über die Vor- und Nachteil von technischem Fortschritt diskutiert, bevor man ***Spoiler*** Superman mit einem Alien-Würfel Starthilfe gibt. So ein bisschen, wie in Cern den Teilchenbeschleuniger anwerfen: Die Wissenschaftler können mehr über die Entstehung des Universums herausfinden, die Tabloids berichten von einem schwarzen Loch unter der Schweiz. Passiert ist im Endeffekt erstmal nicht so viel. Das alles wurde eingebettet in eine optisch homogene Welt, die sich und ihre Figuren seit Man of Steel kontinuierlich weiterentwickelt und zumindest in ihren Grundzügen bei Rocksteady geklaut wurde (sag ich jetzt mal).
Das gefällt scheinbar vielen nicht, was ich auch verstehen kann, weil auch ein wirklich lustiger, liebenswerter Flash kann die triste, düstere „Wir werden alle sterben“-Grundstimmung nicht auflockern. Man muss das DC Universum schon sehr kennen und mögen, man sollte sich mit den Comics auseinandersetzen und man darf den Stil von Zack Snyder nicht komplett scheiße finden, wenn man hier seinen Spaß haben will. Ich finde genau deshalb ist Justice League kein Mainstream Kino. Und das ist auch gut so.
Äpfel und Birnen
Warum aber vergleichen alle diese beiden Filme und Filmwelten permanent? Weil wir einerseits mit den Comics aufgewachsen sind und die alte Marvel vs. DC Rivalität mittragen und andererseits beides Comic-Verfilmung sind und wir gerne Sachen in Schubladen stecken. So einfach ist es aber nicht. Als Kind war ich Fan von Hulk und Spiderman, als Teenager dann von Batman. Weil Batman schon immer düsterer und brutaler war und ich die Leichtigkeit des Amazing Spiderman und des Hulk in den TV-Serien nicht mehr so unterhaltsam und ansprechend fand wie mit 6 oder 7. Deswegen ist aber das eine nicht schlechter als das andere und das eine nicht kindlicher als das andere. Es ist einfach nur anders. Ich habe mich verändert und so auch meine Interessen, die Qualität der Comics hat sich nicht verändert.
Marvel hat es mit seinem Cinematic Universe früh geschafft, die Filme neben ihrer Action vor allem mit Comedy und coolen Sprüchen zu füllen und eine Vielzahl von liebenswerten Figuren zu etablieren. Dabei gibt es eine Formel, nach der jeder einzelne Film abläuft und die von Iron Man bis Doctor Strange jedes Mal funktioniert. Sie sind unterhaltsam und treffen den Zahn der Zeit, bleiben aber innerhalb ihrer Welt meist ohne Charakterentwicklung, ohne Konsequenzen und stehen selten als Film für sich allein. DC hingegen hat Batman und Co. ein ums andere Mal neu erfunden, manchmal lustig, manchmal absurd aber immer düster. Daher hat es auch bis zu Man of Steel gedauert, bis ein gesamtes Konzept aufgesetzt war, um Marvel hinterher zu rennen. Das ist nicht immer aufgegangen (Suicide Squad) und manchmal unfair behandelt wurde (Ich bleibe dabei: Dawn of Justice ist besser, als man ihm anrechnet). Aber vor allem ist es ziellos und zusammenhangslos, was dem größeren Bild schaden mag, jedoch zumindest auch Filme produziert, die in sich geschlossen sind.
Burger und Sandwich
Trotzdem ist der Vergleich zwischen Thor: Ragnarok und Jutice League wie ein Vergleich zwischen McDonalds und Subway: Beides ist Fast Food, aber man braucht sich bei Subway nicht beschweren, wenn’s keine Burger und kein Softeis gibt und nur einen Stern bei Yelp geben. Vergleicht nicht die Filme, die aktuell rauskommen, sondern – wenn’s denn sein muss – die Filme, die auch tatsächlich Überschneidungen haben! Zack Snyders Konzept ist nicht für jeden, nicht mal für jeden Comic-Fan und das hat man am deutlichsten an Batman v Superman gesehen, als das Übel seinen Lauf nahm. Wenn man die Vorlagen nicht kennt und liebt, auf denen Batman v. Superman basiert, dann wird es noch schwieriger, den Film trotz seiner Fehler zu mögen. Ich konnte über „Martha“ hinweg sehen, weil mir der Teil wurscht ist, viele Fans waren – zurecht – enttäuscht. Gleichzeitig kenne ich die Comics zu Civil War und aus diesem Grund fand ich den Film schrecklich, weil er die tatsächliche Diskussion unterbindet und dem Zuschauer eine Meinung aufzwingt, anstatt unkommentiert die Auswirkungen einer Grundsatzentscheidung, die auch noch gesellschaftskritisch wäre, aufzuzeigen. In unserem Podcast zum Film habe ich dazu eine Diskussion mit einem Kollegen, der genau anderer Meinung war und diese auch vollkommen gerechtfertigt verteidigt. Ich mags nur einfach nicht, deswegen ist es nicht schlecht und er hat nicht weniger recht.
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Mit oder ohne Zwiebel
Die Rivalität, die zwischen den beiden Marken ausgebrochen ist, verhindert oft einen differenzierten Blick auf die Filme und lässt die Zuschauer automatisch mit zweierlei Maß messen. Justice League ist nicht mal annähernd so schlecht, wie ein Avengers Film, mit dem er vielleicht inhaltlich noch am ehesten vergleichbar wäre. Er ist aber auch kein Meilenstein der Filmgeschichte, er ist einfach nur unterhaltsam. Trotzdem wird er einzig deswegen abgewertet, weil er existiert und das kollektive Verständnis von DC Filmen ist, dass sie schlecht sind. Das gehört zum guten Ton und das ist einfacher, als sie zu verteidigen, denn das Argument „aber bei Marvel…“. Wir sind aber nicht bei Marvel, wir sind bei DC. Wenn dir die Zack Snyder Filme nicht gefallen, dann werden die auch die zukünftigen wahrscheinlich nicht gefallen und dann schau sie dir halt nicht an. Mir schmecken keine Zwiebeln, deshalb esse ich keine Zwiebeln. Ich bestell mir aber auch nicht immer wieder eine Pizza mit Zwiebeln und sag dann angewidert: „Das schmeckt mir nicht, da bin ich aber überrascht.“ Deswegen sind Zwiebeln aber nicht die Ausgeburt der Hölle und sollten verbannt werden. Wers mag: Good for you. Wenn dir Thor: Ragnarok gefällt, good for you. Wenn dir Justice League gefällt: Good for you. Aber die beiden Filme mit „Ich fand aber Thor / Justice League besser“ zu vergleichen ist einfach nur Geschmackssache. Die beiden haben keine Anknüpfpunkte und sind optisch und inhaltlich Grundverschieden. Der einzige Moment, in dem man die beiden gegenüber stellen kann ist dieser: Freund XY fragt, was sie/er sich heute Abend anschauen soll und hat nur Taschengeld für einen Film hat. Dann schickt man sie oder ihn mit den Worten „das wird dir wahrscheinlich besser gefallen“ in einen von beiden. Auch hier gibt’s keinen Qualitäts- sondern einen Interessensunterschied. Ich vergleiche auch nicht Star Trek und Star Wars. Das ergibt keinen Sinn. Wenn einem etwas nicht gefällt, dann wirds auch beim hundersten Versuch nicht besser werden.
Ganz wichtiger Tipp zum Schluss: „Das ist scheiße!!!!!“ und „Das gefällt mir nicht“ sind zwei verschiedene Aussagen. Mir gefallen Mittelalter-Fantasie-Welten nicht, aber ich würde mich im Leben nicht hinstellen und sagen „Herr der Ringe ist scheiße“. Mal abgesehen davon, das ich direkt auf den Scheiterhaufen kommen würde, wäre es einfach unprofessionell und unwahr. Ich würde mir wünschen, dass Leute, die über eine dieser Aussagen hinaus eine Meinung preisgeben möchten, die sie mit validen, überlegten und informierten Argumenten untermauern können, diesen Unterschied nicht nur kennen, sondern verinnerlichen. Der von mir sehr geschätzte Mark Kermode hasst Justice League und obwohl ich sein Ansicht nicht teile, kann ich seine Argumentation vollständig nachvollziehen. Alles andere nennt sich trollen und ist keine Diskussion wert. Das gilt übrigens nicht nur für dieses Thema.
http://gph.is/1a5dpcE
In einigen Punkten widersprech ich Dir zwar, aber dennoch: super artikel