Robert Eggers sehr gehypter Horrorfilm The Witch läuft nun endlich in österreichischen Kinos. Der Rummel um den Film ist ziemlich groß und verspricht einen der größten und besten Horrorfilme aller Zeiten. Warum der Hype dem Film aber eher geschadet hat, lest ihr hier.
Hokus Pokus Fidibus
Im Jahre 1630 unseres Herrn zieht eine puritanische Familie auf das unerschlossene Land hinaus. Die Ruhe und Abgeschiedenheit bringen aber nicht nur Gutes mit sich, denn bald schon häufen sich rätselhafte und erschreckende Ereignisse rund um den Hof. Hat sich etwa eine Hexe auf die Familie eingeschossen? Je mehr Unheil über die Eltern und ihre fünf Kinder kommt, desto eher droht die Familienbande zu zerreißen.
Die Hexe von Blair grüßt das Overlook Hotel
Eggers Spielfilmdebüt kann durch wunderbares Set-Design überzeugen. Man wird von Beginn an in die Welt um 1630 geworfen, und die an Kunstgemälde erinnernde bildgewaltige Szenerie wirkt äußerst authentisch. Diese Authentizität wird bis hin zu den Dialogen übernommen, wodurch es für so manchen Zuschauer sehr aufgesetzt oder gestelzt wirken könnte.
Zudem ist der Film überaus atmosphärisch und lässt sich Zeit, was zum vielleicht größten Manko führt. Es ist kein Schocker aus dieser Zeit. Viel eher wirkt er wie Horrorfilme aus den 1970ern (was ich großartig finde), welche den heutigen Zuschauer leider nicht mehr fesseln können, weil Grusel auf Grusel folgen muss. Das ist insofern sehr schade, als dass die ruhigen Dialogszenen zwar die Erwartungshaltung schüren, gegenüber den Horrorsequenzen aber in Vergessenheit geraten, wodurch Erstere sich noch mehr in die Länge ziehen.
Dabei hat der Film wirklich tolle Momente und Gruselszenen, die mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließen. Und gerade in der heutigen Zeit, wo Horror fälschlicherweise mit Jump-Scares gleichgesetzt werden, ist das eine willkommene Abwechslung. Die Art des Horrors erinnert in gewisser Hinsicht an den endneunziger Indie-Hit The Blair Witch Project, wobei dort, die Abwesenheit der Hexe zu einem gewissen Grad pervertiert wird, indem die dunklen Kräfte schon relativ früh offenbart und angedeutet werden.
Eggers hat sich an den alten, volkstümlichen Sagen und Geschichten orientiert (Hänsel und Gretel, anyone?) und diese in seine Geschichte gewoben. Einige Klischees, die wir mit Hexentum assoziieren, werden so wieder aufgegriffen, und agieren als eine Art Katalysator bzw. Ursprungsgeschichte für die Hexenverfolgungen und Beschuldigungen, die etwas später im selben Jahrhundert erfolgen sollen. Im Grunde genommen ist der Film genau richtig für Leute wie mich, denen im Film Hexenjagd zu wenig Hexen vorgekommen sind.
Eggers selbst bezeichnet den Film als den „Albtraum eines Puritaners“, indem alle Ängste der Menschen dieser Zeit geschürt und entfesselt werden. Zugleich ist es aber auch ein sehr feministischer Film, da die Rolle der Frau und des Mannes dieser Ära so sehr dekonstruiert wird, bis selbst nicht einmal mehr der Glaube an Gott der Versuchung standhält – denn schließlich ist niemand ohne Sünde.
Verdikt: Hexenjagd im Wald der Knusperhexe
The Witch reiht sich in die lange Liste guter Hexenfilme wie The Crucible (aka Hexenjagd), The Blair Witch Project, Häxan, The Shining (ja, wirklich) u.n.v.m. Im Gegensatz zu den meisten zeitgenössischen Horrorfilmen setzt dieser Streifen mehr auf Atmosphäre, einen Fokus auf das Familiäre und einen langsamen Aufbau, und setzt Schockszenen nur spärlich ein. Viele Zuschauer werden davon leider eher gelangweilt werden, für Leute mit Durchhaltevermögen offenbart sich ein intensives Genre- und Geschichtsjuwel.
The Witch
Regie: Robert Eggers
Buch: Robert Eggers
Cast: Anya Taylor-Joy, Ralph Ineson, Kate Dickie
Länge: 92 min
Genre: Horror, Mystery
FSK: 16 (außer im Burgenland, da ist der Film ab 18)