Mit Californium wagt Arte einen Ausflug in die Gamesbranche und ermöglicht dem Spieler, die Welten von Philip K. Dick am eigenen Leib zu erleben.
An ihm kommt niemand vorbei. Zu Lebzeiten belächelt ist Philip K. Dick mittlerweile zu einem der meistadaptierten und wichtigsten SF-Autoren des 20. Jahrhunderts geworden. Sei es in Form eines Films (Blade Runner, Total Recall), einer TV-Serie (Man in the High Castle) oder einer Produktion, die sich von seinen Gedankenwelten inspirieren lässt (Matrix, Inception), kein Jahr vergeht, in dem Dick nicht in irgendeiner Form von sich Reden macht.
Philip K. Dick lebt, auch mehr als 30 Jahre nach seinem Tod. Ein Androide mit seinem Kopf besucht Veranstaltungen und Ausstellungen, im Kino klingeln mit seinem Namen die Kassen. Neuester Streich in der Ausweitung des Dickschen Universums: Das Projekt Californium, an dem der TV-Sender Arte beteiligt ist. Es soll gleichermaßen eine Verbeugung vor dem Autoren sein als auch einen Einblick in seine Gedankenwelten geben.
Hör auf den Fernseher
In Californium übernimmt der Spieler die Rolle des mittelmäßig erfolgreichen Autoren Elvin Green. Der steckt in einer Schreibkrise, hat immer noch nicht die Trennung von seiner Freundin verdaut und das Geld wird ihm mittlerweile auch knapp. Just in diesem Moment beginnt Greens Fernseher mit ihm zu reden und erzählt ihm von einer anderen Welt, die sich neben der seinigen befindet und man sehen kann – wenn man weiß, wie man hinschauen muss. Paranoid und von Wahnvorstellungen heimgesucht, muss der Schriftsteller sich einen Weg aus diesem Chaos heraus bahnen – hinein in eine andere Realität.
Ein Plot, der sich gar nicht so weit von Dicks echtem Leben abspielt. Dick war fasziniert von der Vorstellung, dass unsere Realität nur eine Illusion sein könnte, genauso wie unser selbst. Die Frage „Was ist wahr, was ist nur Vorstellung?“ bildet die Essenz seiner Geschichten – und passt auch sehr gut zu Dicks Lebensstil. Wenn er sich in einen seiner Romane verbiss, schluckte er so lange Amphetamine, bis er ihn fertig hatte. Er war außerdem ein Paranoiker, der zu viele Drogen nahm, fünfmal heiratete und einen totalen Nervenzusammenbruch in einem Buch verarbeitete. Das trägt den Namen V.A.L.I.S. und handelt von einem Mann, der die fundamentale Existenz dieser Realität nach einer Begegnung mit Gott – oder einem Wesen, das sich für Gott ausgibt – anzweifelt.
Existenzielles Unbehagen
Im Fall von Elvin Green ist es nur eine Stimme aus dem Fernseher, doch dieses Gespräch hat große Auswirkungen auf den Autoren. Klickt der Spieler auf bestimmte Stellen in den Räumen, die er erkundet, wird die bisherige Realität von einer anderen überlagert. Zusammen mit der grellen, comichaften Grafik, in der das Spiel gehalten ist, bekommt der Spieler schnell das grundsätzliche Unbehagen, das die Charaktere in Dicks Geschichten antreibt, am eigenen Leib zu spüren. So eröffnet Californium eine Sichtweise auf Dicks Werk, die kein Film und keine TV-Serie bieten kann: Er selbst wird Teil einer Welt voller Illusionen und Simulacra, aus der es so schnell keinen Weg wieder nach draußen gibt.
Arte und die Spieleentwickler präsentierten Californium am 4. Februar erstmals auf der Transmediale in Berlin. Am 2. März strahlt Arte außerdem ab 22 Uhr die Dokumentation Philip K. Dick und wie er die Welt sah aus, sowie den VR-Kurzfilm I, Philip. Californium ist ab 17. Februar für PC/Mac erhältlich, oder erscheint in Episodenform kostenlos (die erste Episode ist bereits erhältlich, die weiteren folgen am 1., 8. und 15. März 2016). Mehr Informationen zum Spiel gibt es hier.