Hannibal Season 3 – Es ist angerichtet

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Sein Appetit scheint unstillbar, sein sadistischer Spieltrieb bleibt undurchschaubar und für eines der größten TV-Events der letzten 10 Jahre, schließt sich der Vorhang. Was ihr in der dritten Staffel zu erwarten habt, erfahrt ihr hier.

Vorspeise

Es ist tatsächlich so, dass ich den Gedanken anfangs etwas befremdlich fand, eine meiner Lieblingsfilm- und Buchreihen als Serienformat zu sehen. Ich muss gestehen, dass meine Haltung sogar relativ festgefahren war. Hannibal war ohne Anthony Hopkins nahezu undenkbar. Doch nach mehreren eindringlichen Empfehlungen, gab ich der Serie letztlich doch eine Chance. So war ich gespannt auf das gefährliche Treiben des Kannibalen Hannibal Lecter, der seinen Schutz in den Reihen derer sucht, die ihn eigentlich jagen und das intellektuelle Duell zwischen ihm und dem Profiler Will Graham, der als einziger in der Lage zu sein scheint, dem Serienkiller die Stirn zu bieten, selbst wenn das seinen eigenen Verstand an die Grenze des Wahnsinns treibt.

Mir offenbarte sich ein düsterer Psychothriller, der in seiner kompletten Machart einzigartig ist und trotz verstörender Bilder immer eine gewisse Ästhetik wahren konnte.

Meine größte Angst bestand darin, dass die Story eventuell nur ein chronologischer Aufguss der Vorlage sein könnte, doch zum Glück habe ich mich vollkommen geirrt. Der Zuschauer erlebte in den ersten zwei Staffeln eine durchweg neu konstruierte Story, die vielmehr eine Hommage an die Originale darstellt und diese sogar übertrumpft.

Während die erste Staffel der Serie noch den Eindruck erweckte, die Vorgeschichte zu Roter Drache zu sein, der seiner Zeit mit Anthony Hopkins und Edward Norton zu begeistern wusste, machte Staffel 2 im Storytelling einen radikalen Schnitt und veränderte selbst den ursprünglichen Timeline-Verlauf der Originalvorlage von Thomas Harris in einer Weise, die dem Zuschauer direkt vor Augen hält, dass er /sie ab diesem Zeitpunkt keine Ahnung mehr hat, wie sich die Geschichte weiterentwickeln könnte.

Mads Mikkelsen und Hugh Dancy brillierten wahrlich in ihren Rollen und besonders die Darstellung von Dancys Will Graham innerhalb der zweiten Staffel überzeugte in außerordentlichem Maß. Ich war mir an mehreren Stellen der Staffel nicht mehr ganz sicher, wo die charakterlichen Grenzen liegen, da speziell die Beziehung zwischen Will Graham und Hannibal Lecter dramaturgisch kontinuierlich in neue Höhepunkte mündete.

Hauptgang

Während die ersten zwei Staffeln, bis hin zum finalen Cliffhanger, einen gewissen Stil gehalten haben, bricht die Inszenierung der dritten Season ein wenig mit dem vorherigen Material. Es wird ein extrem düsterer Ton angeschlagen und entsprechend der Charakterentwicklung von Will Graham sind auch verzerrte Flashbacks ein interessantes Werkzeug, um die selbstzerstörerische Hingabe des Protagonisten zu vertiefen. In der ersten Hälfte der dritten Staffel wird verstärkt mit wärmeren Farbfiltern gearbeitet, was die angespannte Situation an allen Fronten der Hauptcharaktere geschickt untermalt.

Darstellerisch freut mich besonders die Betonung auf Gillian Andersons Darbietung, deren Rolle zu Beginn sehr undurchsichtig wirkt, aber nicht mehr nur eine rein begleitende Funktion hat. Sie trägt das Geschehen mit und steht darstellerisch auf dem selben hohen Niveau, welches Mads Mikkelsen in seiner Verkörperung der Titelfigur vorgelegt hat.

Die zweite Hälfte der Staffel wechselt stilistisch erstmals mehr in die standardisierte Optik der Kinofilme , was allerdings auch Sinn macht, da die Charakterentwicklung von Hannibal und Will sich zu Beginn auf einem völlig neuen Level bewegt. In Kernszenen schwenkt die Stimmung letztlich wieder um und mündet in ein drastisches Finale, von dem man sich trotzdem wünscht, dass es nicht das Ende ist. Besonders da sich die dritte Staffel beinahe als erzählerisches „Best of…“ der Originale schimpfen darf und innerhalb kürzester Zeit einen regelrechten Flächenbrand an storytechnischen Events entfacht.

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Dessert

Natürlich ist Hannibal nicht unbedingt die geeignete Serie für Leute mit schwachen Nerven, aber dennoch eines der stärksten Formate der letzten Jahre. Hier stimmt nahezu jedes Detail und auch der inhaltliche Anspruch erfordert ein gewisses Niveau.

Den einzigen Kritikpunkt sehe ich in der deutschen Version bei der Synchronisation. Die Sprecher sind grundsätzlich nicht schlecht gewählt und auch die Übersetzung ist generell gut gelungen. Dennoch schaffen es die deutschen Stimmen nicht ganz so gut zu überzeugen, wie es die Darsteller selbst im O-Ton konnten und daher empfehle ich ganz klar, sich die Serie im englischen Original anzuschauen.

Die dritte Staffel ist bereits seit dem 21. Januar auf Blu-ray und DVD erhältlich und zusätzlich wurde vor einigen Wochen erstmals der Producer’s Cut von Staffel 1 als limitierte Version nachgereicht. Diese würde ich aber nur absoluten Hardcore-Fans empfehlen, da es sich hier nur um minimale, nahezu unwesentliche Unterschiede handelt, welche diese alternative Schnittversion zu bieten hat.

Die Gerüchteküche um eine vierte Staffel brodelt aktuell weiterhin (teilweise durch Aussagen und Willenserklärungen der Darsteller ausgelöst), aber ob wir tatsächlich jemals eine weitere Staffel der Serie zu erwarten haben, steht in den Sternen. Glücklicherweise kann man das Ende von Season 3 trotzdem  als durchaus gelungenen Abschluss bezeichnen und so bleibt das Zuschauerherz zwar sehnsüchtig, aber zumindest nicht unbefriedigt.

Hannibal (TV-Serie)

von Bryan Fuller
C: Hugh Dancy, Mads Mikkelsen, Caroline Dhavernas, Laurence Fishburne, Gillian Anderson
USA 2013, FSK: 18, Season 3 erhältlich auf DVD und Blu-Ray

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