Warum Star Wars I-III nicht beschissener sind als IV-VI

Unpopulär: Wieso die erste Star Wars Trilogie der alten um nichts nachsteht und weshalb Teil 7 der bisher beste wird!
Vader + Stormtroopers (Flickr: Julio Marquez)
Vader + Stormtroopers (Bild: Julio Marquez)

Unpopulär: Wieso die erste Star Wars-Trilogie der alten um nichts nachsteht und weshalb Teil 7 der bisher beste wird!

Er ist klein, nervend, siebenklug und man will ihm konstant eine in die Fresse hauen. Da hilft es auch nichts, dass er zwei Filme später zu einem der ikonischsten Bösewichte der Galaxie werden wird. Es ist auch kein Trost, dass er neben diesem verfluchten Gungan noch nicht einmal die anstrengendste Figur in Star Wars Episode 1 ist. Dennoch möchte ich meine Stimme für die erste – oder zweite, je nach Betrachtungsweise – Trilogie der Star Wars-Reihe erheben. Ich weiß, dass ich mit folgenden Aussagen eine unpopuläre Meinung vertrete. Möge der Shitstorm wie ein Meteoriten-Hagel über mich hereinbrechen, aber das muss endlich mal gesagt und besprochen werden: Die Filme Star Wars 1-3 sind auf ihre Weise nicht schlechter als 4-6. Zu behaupten, sie wären gut ist allerdings auch übertrieben, was in weiterer Folge dazu führt, sich über die eigene verblendete Einstellung zu A New Hope, The Empire Strikes Back und Return of the Jedi Gedanken zu machen.

Ich liebe Star Wars. George Lucas’ Universum war ein wichtiger Teil meiner Kindheit und Jugend. Selbstverständlich wusste ich, dass AT-AT (das sind die lustigen elefantenhaften Kampfläufer, die in der Realität wohl kaum praktisch wären) „All Terrain Armored Transport“ heißt, ich wusste, wer Dash Rendar ist und dank dem Star Wars Fact File sogar wie Leias Sklavenhalsband funktioniert. Als obligates Grundwissen und Selbstverständlichkeit sei abgetan, dass der Millenium Falke ein Frachter der Klasse YT-1300 ist. Ich war also in diesem intergalaktischen Kaninchenbau wirklich tief drin.

Ich liebe Star Wars nicht mehr wie einst, weil ich jetzt Episoden 4-6 nicht mehr mit einer verträumt-nostalgischen „Früher-war-alles-besser“-Mentalität sehe. Früher war eben nicht alles besser. Jar Jar Binks ist eine Katastrophe, die wohl die gesamte Drehbuchschreiber_innen-Gilde in einer heftigen Erschütterung der Macht durcheinander geworfen hat. Aber sind Gungans stupider und lächerlicher als ein Haufen prähistorischer Teddy-Bären aus Episode 6? Ewoks sind Teddys, die mit primitivsten Steinzeitmitteln nicht nur unsere Helden überwältigen, sondern sich auch relativ problemlos mit den Streitkräften des Imperiums anlegen. Würde sich die Serie ernst nehmen, müssten die Ewoks spätestens in Episode 8 wohl die neuen Herrscher der Galaxie sein, denn sie scheinen unbezwingbar. Ich denke, die Schöpfung der Gungans und Ewoks ist der viel zu krampfhafte Versuch Erwachsener, etwas zu schaffen, was Kindern gefallen soll. „Trying too hard“ nennt man das und es funktioniert nicht nur für jene über 12 Jahren nicht, sondern es ist auch äußerst peinlich. Wie dämlich Ewoks tatsächlich sind, war uns nur damals nicht bewusst und außerdem war früher sowieso alles besser, die Sonnen über Tatooine schienen heller und das Gras auf Naboo wäre grüner gewesen, wäre der Planet in der alten Trilogie schon vorgekommen.

Jar Jar Binks Meets Harley Quinn (Flickr: Michael Li)
Jar Jar Binks Meets Harley Quinn (Bild: Michael Li)

Auf technischer Seite waren beide Trilogien wegweisend. Für die Filme schuf George Lucas die Effekt-Schmiede Industrial Light and Magic, die sich weit über Star Wars hinaus regelmäßig in den Nachspännen diverser Effektfeuerwerke finden lässt. Wenn seine Kinematografie auch sonst nicht sonderlich berauschend ist und selbst wenn man mit Sternen-Märchen nichts anfangen kann, so hat Lucas mit der Gründung von ILM die Filmwelt entscheidend mitgeprägt. Unter anderem gehen die Effekte zu Blockbustern wie Indiana Jones, Der Soldat James Ryan, Pearl Harbor, Wild Wild West, Men in Black und Avatar, sowie die Filme der Harry Potter-, Terminator- und Star Trek-Reihe auf ihre Karte. Dass Lucas vor lauter Effekthascherei dabei geradezu unzurechnungsfähig geworden ist, wie er mit den Überarbeitungen seiner klassischen Trilogie bewiesen hat, muss man wohl dem Einfluss der dunklen Seite der Macht zuschreiben und Yoda sei dank hab ich noch übel verkrieselte VHS-Aufnahmen der alten unbearbeiteten Trilogie. Meine HD-verwöhnten zukünftigen Kinder werden das zwar eines Tages nicht gutheißen, aber da werden sie durchmüssen!

Stellen wir beispielhaft Episode I: The Phantom Menace und Episode IV: A New Hope gegenüber. A New Hope ist bisher mein Lieblingsteil. Es ist ein klassisches Märchen mit Prinzessinnen, edlen und weniger edlen Helden, finsteren Burgen, einem fiesen, bösen Zauberer und am Ende ist irgendwie alles zumindest teilweise gut. Betrachtet man Star Wars aus gattungstheoretischer Sicht, kann man es tatsächlich dem Volksmärchen zuordnen. Einfache holzschnittartige Struktur, klare, eindimensionale Rollenzuweisungen und keine Psychologisierung der Figuren, sowie ein ort- und zeitloses Geschehen sind etwa die Charakteristika des Volksmärchens, wenn es nach dem Germanisten Stefan Neuhaus geht. Dies zeigt sich schon im Anfang jeder Episode: „Es war einmal in einer weit, weit entfernten Galaxie…“

Bei aller Liebe zu A New Hope und dem Bekenntnis zum Märchen möchte ich aber festhalten, dass auch dieser Film kritikwürdig ist. Nehmen wir den Kampf zwischen dem Tattergreis Obi Wan und Darth Vader, der wohl zu den langweiligsten und unspektakulärsten Kämpfen der Filmgeschichte zählt. Dem gegenüber steht in Episode 1 die eindrucksvollste Kampfchoreographie der gesamten Reihe… zumindest bis jetzt. Was der junge Obi Wan, sein Meister Qui Gon und der böse Darth Maul im Palast auf Naboo zur Schau stellen, ist aus kampfkunsttechnischer Sicht auch 15 Jahre später das absolute Highlight der Serie. Auch die finalen Kämpfe von Episode 2 und 3 sind beeindruckend – doch nur noch CGI-Spektakel. Während sich ILM in Effektgewitterstürmen austoben darf, bleiben meines Erachtens die Emotionen des Publikums im Kampf gegen digitale Gegner und Monster auf der Strecke. Es fühlt sich meist belangloser an, als würden tatsächlich menschliche Figuren aufeinander losgehen. Das mag meine subjektive Beurteilung sein, die für mich im Übrigen aber auch für nahezu jeden Marvel-Superhelden-Film gilt. Es ist mir völlig egal, wie viele CGI-Aliens die Avengers zerlegen, nach zwei Minuten ist es repetitiv und langweilig. Selbiges gilt für Pixel-Yoda, der um den uralten Count Dooku herumzischt. Ich nenne es das Altherren-Syndrom: Das Alter mag Weisheit und Respekt bringen, aber gleichzeitig sinkt die Chance für einen spektakulären Showdown gewaltig.

If you strike me down.....(Flickr: Mark Botham)
If you strike me down…..(Bild: Mark Botham)

Was die neue Trilogie und insbesondere Episode 1 (noch) besser macht, als die alte Trilogie, ist John Williams’ Soundtrack. Der Altmeister hat mit dem fesselnden Star WarsMain-Theme wohl eines der bekanntesten Musikstücke des 20. Jahrhunderts geschrieben. Mit Episode 1-3 ist es im gelungen, die entscheidenden Elemente aufzugreifen, zusätzlich aber beeindruckend auszubauen und zu erweitern, ohne den Geist des Originals zu verlieren. Duel of the Fates, das den oben beschriebenen Kampf aus Episode 1 untermalt, ist sicherlich eines der fesselndsten Stücke der gesamten Saga. Episode 2 und 3 überzeugen hauptsächlich durch das behutsame Einführen des Imperial March, der uns bestätigt, was wir alle immer schon wussten: Der dumme Rotzlümmel wird langsam aber sicher zu Darth Vader.

Es zeigt sich also, sowohl alte als auch neue Trilogie haben positive und negative (quasi helle und dunkle) Seiten. Während ich persönlich die alte Trilogie in ihrer Urform für ihre kauzigen Helden wie Luke und Han Solo (glücklicherweise gibt es zumindest ein paar Folgen Firefly, die dieses Erbe aufgegriffen haben) schätze, überzeugt die neue Trilogie filmtechnisch und durch Art-Design. Serienübergreifend nennenswert ist beispielsweise das Raumschiff-Design, das sich im Verlauf der neuen Trilogie von seinen runden und weichen Formen immer mehr den eckigen Schiffen der alten Filme annähert. Während viele Figuren oder Alien-Rassen der alten Episoden ziemlich kurios erscheinen und ein bisschen den Eindruck vermitteln, als hätten die Kostümbildner sich im Second-Hand-Shop ausgetobt und alles wahllos kombiniert, wirken beispielsweise die Kampfdroiden, Droidekas und wie sie nicht alle heißen (mit einem gewissen Stolz kann ich behaupten, einiges von diesem unnötigen Wissen im Laufe meines Älterwerdens wieder vergessen zu haben!), durchwegs so, als hätte sich eine Concept-Art-Abteilung ausführlich damit befasst. Man könnte auch behaupten, dass dieses roboterhafte Design in seinen Grundzügen in den Zeitgeist überging und von Filmen wie Cowboys and Aliens, Battleship oder dem schrecklichen World Invasion: Battle L.A. aufgegriffen wurde. Die beiden Erstgenannten stammen übrigens auch aus dem Hause ILM.

Ich bin mir bewusst, dass viele von euch dort draußen herumlaufen und auf die neue Trilogie und jetzt vermutlich auch auf mich schimpfen und Gift und Galle speien, aber wie wird es in Zukunft in der weit, weit entfernten Galaxie weitergegangen sein? Meine Prognose lautet: hervorragend! Lucas selbst hat mit seiner Überarbeitung bewiesen (Han shot first!!!), dass man ihm sein eigenes Werk dringend entreißen muss. Neuer Rechteinhaber ist der mächtige Disney-Konzern, welcher sich mit dem extrem gefloppten John Carter unter anderem bereits an Science Fiction versucht hat. Der Misserfolg dieses Films ist meiner Meinung nach hauptsächlich dem falschen Marketing zuzuschreiben. Das Poster ähnelte jenem von Prince of Persia und es wurde an keiner Stelle vernünftig vermittelt, dass es sich hierbei um keine simple Kopie von Star Wars handelt, sondern tatsächlich um die spätverfilmte Mutter nahezu aller Science Fiction-Geschichten. John Carter überzeugte mit tollen Effekten, einem eigenwillig-spannenden Art-Design und einem Drehbuch, das sich vor den kleinen und größeren Lächerlichkeiten von Star Wars auch nicht verstecken muss. Regisseur von Star Wars VII ist J.J. Abrams, welcher sich mit Star Trek und Star Trek: Into Darkness bereits qualifiziert hat. Einigen Star Trek-Fans mag das nicht gemundet haben (Zitat: Onion News: „He made Star Trek fun and watchable“), für Star Wars passt es aber allemal. Geschmackssache bleibt Abrams’ typisch reine Hochglanz-Optik, die er, wie die Trailer zeigen, auch dem  neuesten Star Wars-Film aufgedrückt hat. Ich persönlich steh auf diesen Look und außerdem – wie ich immer zu sagen pflege: „Näher, als dass ein Mensch bei Star Wars und bei Star Trek am Regiestuhl sitzt, kommt die Menschheit dem Weltfrieden ohnehin nicht!“

Und nächstes Mal: Wieso Indiana Jones 4 nicht schlechter ist als Teil 2. 😉

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