Sich in Gefängnissen und Atomschutzbunkern einschließen lassen, ist in der Regel nicht unbedingt die verlockendste Freizeitbeschäftigung – doch seit einigen Jahren ist genau das der heiße Shit aus Asien, der zu uns herüberschwappt: Escape Rooms. In Wien gibt es einige davon – seit neuestem beispielsweise HintHunt Vienna. Wir durften uns dort eine Stunde lang einsperren lassen und haben mit dem Betreiber gesprochen!
Ein Erfahrungsbericht
Gleich zu Anfang möchte ich mich entschuldigen, dass der Erfahrungsbericht etwas vage ausfällt: Auf Bitte der Betreiber werde ich nicht über Aufbau, Handlung sowie Ausstattung des Raumes schreiben; dennoch werde ich versuchen, meine Eindrücke möglichst prägnant mitzuteilen.
An einem sonnigen Freitagmorgen um zehn Uhr in der Früh auf der Mariahilfer Straße zu stehen, nur um sich anschließend für eine Stunde in einem fensterlosen, düsteren Raum einsperren zu lassen, mag im ersten Moment nicht als erfreulicher Abschluss einer Arbeitswoche erscheinen. Im Falle dieses Raumes täuscht jedoch die intuitive Einschätzung, denn besagter, mit einem großen, roten Panikknopf ausgestatteter Raum, in den uns das Team von HintHunt Vienna führte, bietet für all jene Menschen, die vor mentaler Beanspruchung nicht zurückschrecken, ein interessantes Freizeitangebot an. Damit gibt es nun in Wien einen weiteren Vertreter des vor fast zehn Jahren in Japan entstandenen Spielkonzepts Live Escape Game. Erwähnenswert ist, dass HintHunt – im Gegensatz zu anderen Anbietern – in ein und dem selben Raum mehrere “Missionen” anbietet.
https://youtu.be/lI37fbsRvY0
Für unser erstes gemeinsames Escape Game entschieden wir uns also, die einfachste der zur Wahl stehenden Missionen in Angriff zu nehmen. Nach der Begrüßung durch das Team und einer kurzen Einführung, nahm das Spiel seinen Anfang. (Als kurzer Hinweis: die Spieldauer beträgt 60 Minuten, die Anzahl der Aufgaben, die zu erledigen sind, wird nicht bekannt gegeben). Angeleitet durch Lautsprecher sowie Bildschirmen, manövrierten wir uns durch die zahlreichen Quests.
Nun zum vagen – aber hoffentlich dennoch aussagekräftigen – Teil meines Berichts:
Wer mit dem Prinzip hinter Shane Fredericks „Cognitive Reflection Test“ vertraut ist, weiß, dass der Mensch dazu neigt, scheinbar simple Fragen eher intuitiv zu beantworten. Die Erwartungshaltung des Testteilnehmers spielt dabei natürliche eine relevante Rolle: Ginge er die Fragen vorsichtiger und überlegter an, ließe sich die Formulierung schnell durchschauen und die richtige Antwort leicht finden.
Das genaue Gegenteil kann einem, wie mir in diesen 60 Minuten wieder einmal vor Augen geführt wurde, ebenfalls passieren: Fest überzeugt, dass die Lösungen der Rätsel mit Verlauf der Zeit zwangsweise allesamt komplexer werden müssten, steigerte ich mich in abstruse Gedankenprozesse, deren Ausgang mit der eigentlichen Lösung sowenig zu tun hatten, wie die Lust auf Kuchen zum Nachmittagskaffee mit Hunger.
Dafür, sich nach Erkenntnis seiner Fehler und Lösung des Rätsels an den Kopf zu greifen, blieb jedoch keine Zeit: Eine Aufgabe jagte die andere, absehbar, ob man sich auf der Zielgeraden oder doch erst auf dem halben Weg befand, war es bis zum Ende nicht.
Für die gemeinsame Flucht erwiesen sich jedoch nicht nur allzu verwinkelte Gedankengänge als hinderlich, sondern auch schlechte Kommunikation: Ganze vier Minuten rief ich – mit krächzender Stimme – Informationsfetzen von einem Raum zum anderen. Ganze dreieinhalb blieb ich damit erfolglos, weil ich an den anderen vorbei schrie. Die anfängliche Ruhe und Gelassenheit, mit der wir den Raum betreten hatten, ging im Verlauf der Zeit langsam verloren: Erklang der Signalton einer ankommenden Nachricht, stürzte man sich zur Informationskonsole; bereits verwendete Codes wurden wieder eingegeben; die Lust nach einer Zigarette stieg. Nach 54 Minuten war es dann aber so weit: Der Bildschirm leuchtete uns mit Gratulationsnachricht entgegen, wir wurden mit Siegesmusik beschallt, die Tür in die Freiheit öffnete sich. Das Gefühl, nicht nur unser erstes gemeinsames Escape Game gespielt, sondern es sogar gewonnen zu haben, war ein befriedigendes.
Zwei Tage nach Festhaltung meiner ersten Eindrücke setzte ich mich an die Fortsetzung des Artikels. Der klare Kopf, den ich durch diesen zeitlichen Abstand gewonnen habe, lässt mich hoffen, dass meine abschließende Beurteilung einen etwas objektiveren Charakter aufweist: Zu schnell kamen die Hinweise von außen, mehr als einmal war mir nicht wirklich klar, wie und wieso wir gerade ein Rätsel gelöst hatten; eine der Aufgaben für die wir die meiste Zeit benötigten, war eine klare definierte Aufgabe: Zählen; nach dreimaligem Abzählen durch drei verschiedene Personen, kamen wir ratend zum richtigen Ergebnis. Ob unsere Flucht aus dem Raum also tatsächlich Ausdruck einer hohen, gemeinsamen, mentalen Kapazität ist oder doch eher der Schwierigkeitsgrad der Mission für das Erfolgserlebnis verantwortlich war, kann ich aufgrund fehlender Erfahrung im Bezug auf Escape Games nicht wirklich einschätzen (tatsächlich schaffen es rund die Hälfte der Besucher sämtliche Rätsel innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens zu lösen). Dennoch möchte ich sagen: Im Großen und Ganzen empfand ich es als ein erfreuliches und interessantes Erlebnis, das ich durchaus wiederholen würde.
Was mir vom HintHunt-Besuch bleibt: die beruhigende Hoffnung, dass ich trotz regelmäßigem Alkoholgenuss vielleicht noch nicht sämtliche für logische Denkprozesse benötigte Gehirnzellen vernichtet habe, neu erwecktes Interesse an Live Escape Games.
Was mir vom HintHunt-Besuch nicht bleibt: Passwörter oder Codes. Meine Fähigkeit, Probleme und Rätsel zu lösen, wird durch ein unterdurchschnittliches Erinnerungsvermögen ausgeglichen.
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Wir hatten aber nicht nur Spaß, sondern haben auch etwas gearbeitet. HintHunt Vienna Chef Steven Kuhn stand uns Rede und Antwort zum neuen Escape Room.
Was ist HintHunt denn eigentlich?
Angefangen hat das ungarische Unternehmen in London mit einem klassischen Detektivspiel, bei dem ein Mord gelöst werden muss. Sie wollten aber ein bisschen mehr sein und haben deshalb Gaming 2.0 mit verschiedenen Spielen entwickelt. Eines davon ist jetzt hier in Wien, „unter dem Meeresspiegel“, sozusagen – aber mehr möchte ich darüber nicht verraten. Es ist wirklich etwas Besonderes, denn alle anderen sind Escape-Spiele und hier hat man ein Missions-Spiel. Das heißt, man kann zwar alle Hinweise finden, aber wenn man die Mission nicht erfüllt hat, kommt man eben trotzdem nicht raus. Das ist vor allem spannend für Corporate Teambuilding Veranstaltungen, weil eben auch Coaching durch den Spielführer dazu gehört.
Gibt es Unterschiede, wie Leute in kleineren oder größeren Teams an die Aufgabe heran gehen?
Meiner Erfahrung nach löst man die Aufgaben mit drei Personen manchmal schneller, als mit fünf. Zu fünft steht man sich häufig im Weg, aber zu dritt muss man sich verteilen und wirklich zusammen arbeiten.
Was fasziniert Menschen an diesen Escape Rooms?
Social Gaming sind bisher immer Computerspiele gewesen und da wird man mehr und mehr isoliert hinter den Bildschirmen. Und Escape Rooms sind eine Möglichkeit, in eine komplett andere Welt zu gehen und man erlebt soziale Interaktion die bei Computerspielen eben fehlt. Wenn man Stunden vor dem PC sitzt, dann will man auch irgendwann seine Freunde sehen und hier spielt man einfach mit anderen zusammen. Und meiner Meinung nach ist das auch ein Grund, warum Escape Games immer beliebter werden.
Jeder möchte wissen, was man drauf hat und hier sieht man, dass man sich auch selbst überraschen kann. Man kann stolz auf sich sein, wenn man Rätsel gelöst hat. Es ist auch immer ein bisschen persönliches Wachstum da – wenn man beispielsweise mit Kollegen im Team spielt und der Manager plötzlich in den Hintergrund tritt und jemand anderes übernimmt.
Wie viele Leute schaffen es denn tatsächlich raus?
Bei der einen Mission ist etwa die Hälfte erfolgreich. Die andere Mission ist ein bisschen schwerer, da sind es nur vierzig Prozent.
Wann werden Hinweise gegeben?
Es gibt automatische Hinweise und wir geben aber auch individuelle Tipps. Wir sehen genau den Zeitplan, wann ein Hinweis auftauchen würden, also wann sich das Team mit welcher Aufgabe beschäftigen sollte. Wir hören und sehen auch, was passiert und schätzen dann ein, wann Hilfe gebraucht wird.
Was würdest du als erstes tun, wenn du in einem Escape Room bist, den du nicht kennst?
Mir einen Überblick verschaffen: Wo sind Türen, wo sind Wege, wo sind Gegenstände. Ich bin ein Typ, ich stelle mich erstmal in eine Ecke und gucke alles an und suche Dinge, die nicht normal aussehen.
Hast du schon ein paar skurrile Erlebnisse gehabt?
Oft ist es so, dass Leute die einfachsten Dinge nicht mehr schaffen oder sehen. Es musste beispielsweise gerechnet werden und eine Dame war sich sicher, dass 23 und 7 definitiv 45 ergibt. Oder ein Mann, der die Einrichtung mit Fitness-Geräten verwechselt hat und begann, das Set-Up zu zerlegen, weil er vermutlich Klimmzüge machen wollte. Generell ist der Akkuschrauber schon unser bester Vertrauter, da viele Gäste Gegenstände überall hineinstecken.
Vielen Dank für das Gespräch!
Wir waren bei HintHunt Vienna, aber es gibt auch noch Exit the Room.
Wirklich toller Artikel. Wir wirklich wie das Lesen zu anderen escpe rooms 🙂