The Visit: Ich sehe alte Menschen

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Mit The Visit versucht der in Ungnade gefallene Regisseur M. Night Shyamalan wieder einen Hit zu landen. Nach Flops wie The Last Airbender, The Happening oder After Earth kehrte der Regisseur, der Ende des 20. Jahrhunderts durch Filme wie The Sixth Sense in den Himmel gelobt wurde, Hollywood den Rücken und hat nun den Independent-Film The Visit geschaffen.

Verwandtenbesuch einmal anders

Die beiden Teenager Becca und Tyler besuchen ihre Großeltern, welche sie aufgrund eines Familienzerwürfnisses noch nie gesehen hatten. Die beiden älteren Herrschaften scheinen zwar sehr lieb und freundlich zu sein, legen aber schon bald ein recht seltames Verhalten an den den Tag. Vor allem nachts scheint Großmutter Nana (Deanna Dunagan) eine völlig andere Person zu sein. Zum Glück dokumentiert die angehende Filmemacherin Becca alles und wird dabei von ihrem vorlauten Nachwuchs-Rapper-Bruder unterstützt.

Found Footage lebt

Die bereits erwähnte Dokumentation übt sich natürlich auch auf die Machart des Filmes aus, denn The Visit bleibt dem jüngsten Horror-Trend treu und präsentiert sich als Found Footage Film. Alles, was die ZuschauerInnen zu sehen bekommen, stammt aus der Perspektive von Beccas oder Tylers Kamera, wodurch jeder Einstellung und Szene größere Bedeutung geschenkt wird. Einzig bei Sequenzwechseln von Tag auf Nacht wird von den diegetischen Kameras abgelassen. Die beiden Jugendlichen sind zwar etwas vorlaut und besserwisserisch, im Eigentlichen aber sehr sympathisch. Dass auch sie mit diversen Charakterschwächen und Traumata aus der Vergangenheit zu kämpfen haben, macht sie menschlicher und zu gut ausgearbeiteten Figuren. Und mit dem einen oder anderen Geist der Vergangenheit werden sie im Verlauf des Filmes auch konfrontiert.

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Man kann Shyamalan natürlich nachsagen, dass sein Drehbuch sehr konstruiert wirkt, und wenig organische Entwicklung enthält. Meiner Meinung nach ist das hier aber vernachlässigbar, und das Konstrukt des Skripts belegt eigentlich nur, was für ein großartiger Drehbuchautor Shyamalan doch war und noch ist. Man kann dem Film jedoch unterstellen, dass er sogar etwas zu viel erklärt, und dadurch weitaus weniger der Fantasie überlässt.

Alte Menschen sind … anders

Der Film ist ein Hybrid aus Gruselfilm und Komödie. Und das – anders als bei Shyamalans Film The Happening – mit voller Absicht. Gruselige und mysteriöse Szenen wechseln sich mit lustigen ab, und lassen das Publikum, wie teilweise auch die beiden HauptdarstellerInnen, perplex zurück. Wenn die Großmutter die beiden Jugendlichen jagt, nur um dann zu verkünden, wie lustig sie diese Spielereien doch findet, um dann wiederum mit entblöstem Hintern wieder ins Haus zu gehen, dann werden die Gefühlsrezeptoren der ZuschauerInnen vollends ausgereizt. Man lacht nicht aufgrund mieser Qualität, oder weil etwas unfreiwillig komisch ist, sondern weil es wirklich lustig sein soll und auch ist.

Verdikt: Ich sehe totegeglaubte Filmemacher

The Visit ist sicher ein Film mit einigen Schwächen, doch er ist eindeutig Shyamalans bester Film seit Jahren. Der Hybrid aus Gruselfilm und Komödie funktioniert, und die Figuren und Handlung sind trotz der teils konstruierten Geschichte glaubwürdig und verständlich. Hoffen wir, dass Shyamalan die Qualität beibehalten kann.

 

The Visit
Regie & Drehbuch: M. Night Shyamalan
Cast: Olivia DeJonge, Ed Oxenbould, Deanna Dunagan
Universal Pictures
FSK: 12; Kino-Start: 24. September 2015

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