Fantastic Beasts and Where to Find Them – Kommt ein Hufflepuff nach New York.

 

FANTASTIC BEASTS AND WHERE TO FIND THEM

Für das Potter-Fandom war 2016 das Jahr der Wiederauferstehung – mit Fantastic Beasts and Where to Find Them haben es Autorin J.K. Rowling und Regisseur David Yates geschafft uns in eine vollkommen neue Zauberwelt zu apparieren, die doch jetzt schon so vertraut wirkt. 

Seit der zweite Teil von Harry Potter and the Deathly Hallows 2011 in den Kinos gelaufen war, schien alles abgeschlossen zu sein. Als sich die Nachrichten verbreiteten, dass diese Welt nun aus dem Schlaf erwachen sollte, war die Welt gespalten – zum einen verdrehte man die Augen und sprach von einer „cash cow“, die Autorin und Erschafferin Rowling nun wieder fleißig melkte, zum anderen war man enthusiastisch und verdrehte die Augen höchstens, weil eines weinte und eines lachte. Nachdem im Sommer das Bühnenstück Harry Potter and the Cursed Child, auch erhältlich als Skript-Form, für alle, die kein Ticket für das Theater in London ergattern konnten (oder – es sich leisten konnten), angelaufen war, sollte im Winter 2016 ein neuer Film in die Kinos kommen, der zwar in diesem so geliebten und bekannten Potter-Universum spielt, allerdings im so fesch anzusehenden New York der 20er Jahre.

Und gleich vorweg – genau das tut dem Film unheimlich gut. Fantastic Beasts löst sich von jeglichem Druck, denn es basiert nur sehr lose auf einem Schulbuch, das bereits 2001 als Gimmick bzw. als Charity-Projekt erschienen war. In der Vergangenheit war es aufgrund der wahnsinnig detaillierten Buch-Vorbilder nur sehr schwer, diese großen Fußstapfen und damit einhergehenden Erwartungen (er)füllen zu können, und sehr oft wurden Fans enttäuscht, wenn Details aus den sieben Potter-Büchern einfach ausgelassen werden mussten, um einen Kino-Film unter 7 Stunden machen zu können.
Newton Artemis Fido Scamander bekommt jetzt (s)eine neue Welt, die sich alles erlauben kann, und in die wir mit viel Vertrauen eintreten, denn wir wissen (noch!) nicht viel über sie – vier Filme folgen schließlich in den nächsten Jahren.
Böse Zungen behaupten ja, dass Fantastic Beasts nur lediglich einen Grundstock für die kommenden Filme bildet, und inhaltlich nicht sehr besticht. So ganz kann ich dem jedoch nicht zustimmen. Ja, der Film nimmt sich die Zeit, die er braucht, um diese Welt aufzubauen, es soll eben auch bis in die letzte Kino-Sitzreihe klar werden, dass es eben doch nicht um Harry Potter geht.
Inhaltlich hören wir den einen oder anderen bekannten Namen und werden dadurch schon etwas ge“teastert“. Wir sehen, wie die Zauber-Politik bereits in den 20er Jahre von Angst und Unterdrückung geprägt war und, dass die Konfrontation mit den Muggeln (oder jetzt eben: No-Majs) in einer Stadt wie New York ein weitaus größeres Problem darstellt, als in der hügeligen Landschaft der (britischen) Zauberschule Hogwarts.
Allem voran geht es aber um sie – um die Wesen, die menschlichen und die tierischen. Als sich der entlassene, schusselige Hogwarts-Schüler Scamander mit seinem Koffer voller magischer Kreaturen auf den Weg nach Amerika macht, macht er sich sofort strafbar – seine Kreaturen hätten in dieser gut versteckten Zauberwelt keinen Platz, sie würden die Identität der MagierInnen zu sehr in Gefahr bringen können. Es kommt aber natürlich wie es kommen muss, und die Wesen finden ihren Weg in die Freiheit und plötzlich springt ein von Gold besessener Niffler aus Newts Tasche, an einer düsteren Bar wird mit einem Goblin um einen Bowtruckle gefeilscht (und der Goblin kam mir dann mit der Zigarre im Mund doch sehr bekannt vor…), und ein Erumpent verliebt sich aufgrund eines Dufts in einen No-Maj.

Der magic moment für mich war sicherlich jener, als Newt Scamander den Menschen-ohne-Zauberkräfte Jacob Kowalski in seine „kleine“ Koffer-Welt mitnimmt. Und es stellt sich schnell heraus – it’s much, much bigger on the inside. Dort wird eine kleine Welt in der Welt aufgebaut, die jedem Wesen einen Platz gibt, ob stechende Sahara-Hitze oder frostige Schnee-Welt,  jedes Klima scheint dort einen kleinen Bereich zu haben. Es ist wie ein gut organisierter, magischer Zoo, nur haben alle Tiere die Freiheit sich zu bewegen, und ihre Flügel und Krallen auszuweiten. Optisch überzeugt der Film also schon allein mit den Tieren, und es ist zauberhaft zu sehen, wie wahnsinnig gut Hauptdarsteller Eddie Redmayne auch mit Wesen spielen kann, die bei den Dreharbeiten gar nicht wirklich anwesend waren. Diese Momente sind es auch, an dem die Persönlichkeit des Protagonisten wirklich an die Oberfläche kommt. Jede Kreatur, egal wie groß, wie klein, wie furchteinflößend oder knuddelig, bekommt Aufmerksamkeit und Fürsorge – Newt ist ein großartiger Hufflepuff wie er im Buche steht, und das Herz von uns Nicht-Gryffindors geht dabei so sehr auf.
FANTASTIC BEASTS AND WHERE TO FIND THEM
Dass Eddie Redmayne spielen kann, muss er aber eigentlich nicht mehr beweisen. Spätestens nach seinen grandiosen Auftritten in The Theory of Everything und The Danish Girl war es eigentlich schon klar, dass er auch als Newt Scamander überzeugen wird. Und, überzeugen tut er, und wir kaufen ihm absolut ab, dass ihm Kontakt zu Nicht-Tierwesen wesentlich schwer fällt. Dennoch tut sich zwischen ihm und Ex-Aurorin Tina, gespielt von Katherine Waterston, eine sehr familienfilm-freundliche Beziehung auf. Trotz der Chemie fühlt es sich an, als ob man zwei schüchterne Teenager beobachten würde. Viel offener zeigt sich hier Tinas Schwester Queenie, dargestellt von Alison Sudol. Queenie geht mit ihren Gefühlen weitaus offener um – und Hey, you do you, girl.

In Kombination dazu, obwohl sehr viel „comic relief“, sollte man dennoch Dan Fogler als Kowalski erwähnen. Als einziger Nicht-Magier in der Clique einen Eindruck bei den ZuschauerInnen zu hinterlassen, da muss man schon viel Mimik und Gestik spielen lassen – und das kann er.
Etwas fragwürdiger bleibt (leider) der Auftritt von Ezra Miller – aber da gebe ich nicht ihm die Schuld, sondern behaupte, dass seine Rolle einfach nicht die Substanz bekommen hat, die sie verdient hätte, und die er als Schauspieler verdient hätte. Dass, was Miller als Credence verkörpert, ist an sich gut, aber uns fehlt beim Zuschauen dieses letzte Stück „Etwas“, um uns wirklich bedroht zu fühlen.
Credences Beziehung mit Colin Farrells Figur Graves kommt während dem Film nur so halb heraus, und als Graves am Ende sein wahres Gesicht zeigt, hab ich, zugegeben, etwas ge-face-palm-ed. Nicht, wegen dem, was passiert, sondern weil… Weil halt – „Warum?!?!“

Als Potterhead bekam ich bei dem Film das, was ich mir erhofft hatte – die Angst vor Enttäuschung, die ich so ein bisschen hatte, wurde absolut ausgelöscht, und in dem Film zu sitzen fühlte sich an wie heim zu kommen an einen Ort, an dem man noch nicht ist.
Regisseur David Yates, als Potter-Veteran, hat seinen Job gut gemacht und hat ein altes New York wunderbar magisch belebt, selbst wenn viele Kino-BesucherInnen das Tempo als etwas unüblich empfinden werden.
Wo Drehbuchautorin J.K. Rowling sonst auf den Gryffindor als Protagonist gesetzt hatte, so hat sie nun einen sehr guten Job gemacht eine Figur zu erschaffen, die sich selbst als nicht-heldenhaft sieht. Ich hoffe, dass sie für den nächsten Film wieder das schaffen wird, wofür sie für die Potter-Bücher so geliebt wurde – selbst den noch so kleinen Rollen eine große Persönlichkeit zu geben.  Aber die Türen haben sich gerade erst geöffnet, da kommt noch Vieles und Großes auf uns zu – Grindelwald, du musst schon echt arg werden, aber hey, no pressure…

Liebster Newt, ich hab mich wirklich in dich verliebt, in dich und deine Tiere! Ich kann es kaum erwarten, dich in zwei Jahren wieder zu sehen. Wo du dann wohl stecken wirst? Und kann ich bitte so einen Bowtruckle und einen Niffler adoptieren? Und wird der nächste Film auch nach einem deiner Lehrbücher benannt sein – und so einen langen Titel haben? Und wie heißt eigentlich dieses lila eulen-artige Tier?

Fantastic Beasts and Where to Find Them (Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind)
Regie: David Yates
Drehbuch: J.K. Rowling
Cast:  Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Dan Fogler, Alison Sudol, Ezra Miller, Colin Farrell
Länge: 133 Min.
FSK: 6
Kinostart: 17. November 2017

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